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Initianten halten an Pflegeinitiative fest«Was nützt die Milliarde, wenn das Personal nach der Ausbildung aussteigt?»

Yvonne Ribi, Geschäftsführerin des Pflegepersonalverbandes. Die Initianten riskieren, am Schluss mit weniger dazustehen.

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Eine Milliarde Franken wollen Bund und Kantone während acht Jahren aufwerfen, damit in der Schweiz mehr diplomiertes Pflegepersonal ausgebildet wird. Zudem können Pflegefachleute künftig gewisse Leistungen direkt mit den Krankenkassen abrechnen. Dieses Angebot des Parlaments in Form eines indirekten Gegenvorschlags genügt den Urhebern der Pflegeinitiative allerdings nicht. Sie gehen mit ihrer Initiative vors Volk, weil das Parlament wenig zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen gemacht habe.

So lehnten National- und Ständerat Vorgaben zum Anteil der Pflegefachpersonen in den Heimen und Spitälern ab. Ebenso weigerten sich die Räte, Vorschriften zu den Arbeitsbedingungen zu machen, etwa die Pflicht zu Gesamtarbeitsverträgen gesetzlich zu verankern. Der Druck, mit der Initiative in die Volksabstimmung zu gehen, kam vom Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK). Die Basis sei mit grosser Mehrheit für ein Festhalten an der Initiative, sagt SBK-Geschäftsführerin Yvonne Ribi.

«Als am 16. März der Gegenvorschlag im Parlament stand, habe ich am Abend zu Hause ein Piccolo geöffnet», sagt Ribi. Denn der Gegenvorschlag enthalte gute Massnahmen. Es sei ein Teilerfolg, der aber nicht ausreiche. Das Geld für die Ausbildungsoffensive sei erst nachhaltig eingesetzt, wenn auch die Arbeitsbedingungen verbessert würden. «Was nützt die Milliarde, wenn das Personal nach der Ausbildung aussteigt?» Über 40 Prozent der Pflegenden kehrten dem Beruf irgendwann den Rücken, aus emotionaler Erschöpfung, weil die Arbeitsbelastung zu gross und der Lohn zu gering sei. Etwa 15 Prozent verliessen den Pflegeberuf bereits vor dem 35. Altersjahr.

«Dann haben die Initianten vorerst nichts»

Die Initiative hat gute Chancen vor dem Volk. Das sehen nicht nur die Initianten so, das sagt auch Ruth Humbel, Präsidentin der nationalrätlichen Gesundheitskommission. Dennoch gingen die Initianten mit der Abstimmung ein Risiko ein, sagt Humbel. Denn bei einer Annahme des Volksbegehrens beginnen die Beratungen im Parlament von neuem. «Dann ist der Gegenvorschlag vom Tisch, und die Initianten haben weitere vier bis fünf Jahre nichts», warnt Humbel. Lehnt das Volk die Initiative ab, so tritt der Gegenvorschlag dennoch in Kraft.

Bei einem Ja von Volk und Ständen muss der Bundesrat einen Vorschlag zur Umsetzung der Initiative machen. Danach ist das Parlament an der Reihe, dies vermutlich erst nach den nächsten Wahlen von 2023. «Ob das nächste Parlament nochmals eine Milliarde für eine Ausbildungsoffensive lockermacht, steht in den Sternen», sagt Mitte-Politikerin Humbel. Sie zeigt zwar Verständnis für die Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen. Aber ob gewerkschaftliche Anliegen wie Gesamtarbeitsverträge im Parlament mehrheitsfähig seien, sei fraglich. Auch der Spitalverband H+ warnt, dass selbst mit einer Annahme der Pflegeinitiative keine bessere Lösung als der im März beschlossene Gegenvorschlag zu erwarten sei.

«Einer der schönsten Berufe»

Das Pflegepersonal erhofft sich von der Volksinitiative bessere Arbeitsbedingungen.

Die Initianten zeigen sich hingegen überzeugt, dass sie mit dem Volk im Rücken mehr erreichen. «Die Pandemie hat die Dringlichkeit besserer Arbeitsbedingungen deutlich gemacht und gezeigt, dass die Pflege die tragende Säule des Gesundheitswesens ist», sagt Ribi. Der Applaus für das Pflegepersonal genüge nicht. Das beste Zeichen der Wertschätzung seien bessere Arbeitsbedingungen, und dazu gehörten die Löhne. Diese seien im Vergleich zur Verantwortung und Belastung zu tief, auch wenn sie mit zunehmender Spezialisierung anstiegen. Am meisten gedient sei den Pflegenden, wenn die Spitäler und Heime mehr Personal einstellten und die Arbeitslast geringer werde. Dazu müssten die Pflegeleistungen von den Krankenkassen besser abgegolten werden, damit die Spitäler und Heime die nötigen Mittel für mehr Personal erhielten. Die Pflegenden wollten vor allem mehr Zeit für die Patienten haben.

Wenn Ribi von den Arbeitsbedingungen spricht, weiss sie, wovon sie redet. Die ausgebildete Pflegefachfrau hat von 1998 bis 2007 in verschiedenen Funktionen am Universitätsspital Zürich in der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie gearbeitet. Auch wenn sie nicht mehr direkt im Pflegeberuf arbeitet, hält sie diesen für einen der schönsten der Welt. «Eine gute Pflege kann das Leben eines Menschen entscheidend verändern.» Diese Sinnhaftigkeit mache den Pflegeberuf einmalig. «Die Rahmenbedingungen sind aber leider so, dass man den Job nicht ein Leben lang mit einem 100-Prozent-Pensum machen kann.»