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Mamablog: Unterschätzte Care-ArbeitSchluss mit der Ausbeute!

Rechtlicher Graubereich: Wir sollten unsere emanzipatorischen Arrangements nicht auf Kosten anderer realisieren.

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Als die Schulen diesen Frühling geschlossen wurden, war ich zuerst erleichtert: Meine kleinen Liebsten sind aus einer noch unbekannten Übertragungskette raus. Doch schon nach ein paar Tagen kam die Ernüchterung: Mit der rechten Hand am Computer Mails beantworten, mit der linken das Müesli wegräumen, in der Schulter eingeklemmt ein Telefonat mit der Oma und mit dem linken Fuss die Jüngste von der Gefahrenquelle Herd wegmanövrieren. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.

Ich werde mit dieser Erfahrung kaum alleine sein. Und Mütter in weniger komfortablen Situationen traf es bestimmt noch härter. Ich stelle mir vor: Wenn die Arbeit in der Pflege im städtischen Spital ruft, die Kinder den Zmorge fordern, die eigene betagte Mutter Betreuung benötigt und weiterhin zu Hause wohnen möchte – was dann? Eine Betreuerin für die betagte Mutter engagieren?

Sorge-Arbeit ist anstrengend

Die Corona-Pandemie hat vielen vor Augen geführt: Familien- und Hausarbeit für Kinder und Betagte – sogenannte Care-Arbeit – ist so überlebenswichtig und unverzichtbar für eine Gesellschaft wie anstrengend. Trotzdem erhält Care-Arbeit wenig Anerkennung. Das zeigt sich beispielsweise an den tiefen Mindestlöhnen für Haushaltshilfen in Privathaushalten. Care-Arbeit – bezahlte wie unbezahlte – wird nach wie vor hauptsächlich von Frauen geleistet. Während aber Frauen heute zudem vermehrt erwerbstätig sind, hat umgekehrt bei den Männern die Familienarbeit, vor allem die Hausarbeit, weit weniger an Bedeutung gewonnen.

Zuerst ist da die Betreuung der eigenen Kinder. Kaum sind diese flügge, geht es für viele Frauen weiter: Oftmals sind sie es, die ihre eigenen Eltern, später die Enkelkinder oder auch die Schwiegereltern betreuen. Was liegt da näher, als einen Teil der Sorge-Arbeit outzusourcen? Insbesondere für Frauen ist das oftmals eine der einzigen Chancen auf eine emanzipiertere Lebensführung. Doch das ist nicht ohne Tücken – gerade auch bei der Betreuung von betagten Angehörigen.

Viele ältere Menschen wünschen sich heute, länger in den eigenen vier Wänden wohnen zu bleiben, auch wenn sie Betreuung und Pflege benötigen.

Auch wenn stationäre Pflegeinstitutionen und öffentliche Spitex-Dienste auf ärztliche Anordnung Pflege und bis zu einem gewissen Grad auch Betreuung und Haushaltshilfe anbieten: In vielen Pflegearrangements bleibt eine Lücke. Sei es, weil die Angebote, wenn es eilt, nicht sofort zur Verfügung stehen, sei es, weil sie zeitlich begrenzt sind.

Betreuung rund um die Uhr

In diese Lücke springen hauptsächlich private Anbieter, die auf jede individuelle Situation angepasste Angebote für Betreuungs- und Pflegedienstleistungen zu Hause anbieten, bis hin zu 24-Stunden-Betreuungsdiensten. Dieser Markt wächst. Viele ältere Menschen wünschen sich heute, länger in den eigenen vier Wänden wohnen zu bleiben, auch wenn sie Betreuung und Pflege benötigen.

Betreuung in Privathaushalten übernehmen oftmals Care-Migrantinnen – in der Regel sind es Frauen – unter häufig prekären Arbeitsbedingungen. Sie übernehmen also die Betreuungsarbeit, die ansonsten vor allem von betreuenden Angehörigen – ebenfalls meist Frauen – unbezahlt geleistet wird. Care-Migrantinnen selber lassen ihrerseits Kinder oder betreuungsbedürftige Eltern im Herkunftsland zurück, die wiederum von deren Müttern oder Angestellten – nicht selten wiederum Frauen aus wirtschaftlich ärmeren Ländern – betreut werden. In der Soziologie wird dieses Phänomen als globale Betreuungskette bezeichnet.

Rechtlicher Graubereich

Hier gilt es, emanzipatorische Arrangements nicht auf dem Buckel von anderen zu realisieren. Denn der Arbeitsmarkt Privathaushalt ist nicht dem Arbeitsgesetz unterstellt und entsprechend ein rechtlicher Graubereich. Kann eine 24-Stunden-Betreuung durch eine einzige Person gut gehen? Kaum.

Im Jahr 2015 entschied der Bundesrat zwar, die rechtlichen Rahmenbedingungen in Privathaushalten zu verbessern. Doch er hat es an die Kantone delegiert, ihre Normalarbeitsverträge (NAV) Hauswirtschaft so anzupassen, dass sie der Situation von sogenannten «Live-in Care-Migrantinnen» Rechnung tragen. Dabei geht es beispielsweise um die Bezahlung von Rufbereitschaft (auch in der Nacht), Präsenzzeiten, Pausen und Freizeit, Überstunden- und Nachtzuschläge. Die Kantone sind nun daran, ihre NAV Hauswirtschaft zu überarbeiten.

Faire und klar geregelte Vereinbarungen treffen

Bereits jetzt zeigt sich: Nur wenige Kantone haben den vom Bund vorgeschlagenen Minimalstandard gänzlich übernommen. Der Rest unterschreitet die Regelungen in einem oder mehreren Punkten. Und: Nach wie vor können die Bedingungen aus den kantonalen NAV Hauswirtschaft mit einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgebenden und Betreuerin umgangen werden.

Deshalb ist es an allen, sich für eine faire Lösung einzusetzen. Und das kann man nur, wenn man sich mit dem Thema befasst und seine Pflichten und Rechte kennt. Die Plattform www.care-info.ch kann dabei helfen. Hier finden Privathaushalte und Betagtenbetreuerinnen die notwendigen Informationen.

Corona hat gezeigt, was «systemrelevant» heisst. Care-Arbeit ist systemrelevant. Es gilt, die Pandemie als Chance für einen Lernprozess zu nutzen.