«80 Rappen je Pflegestunde für die Ausbildung»

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Der Kanton Solothurn hat bemerkenswerte Neuerungen auf Anfang Jahr eingeführt: Ein neuer Mustervertrag soll sicherstellen, dass alle Solothurnerinnen und Solothurner den gleichen Zugang zu Spitex-Leistungen haben. Im Kanton Solothurn sind es die Gemeinden, welche die Restkosten finanzieren. Ein Systemwechsel hin zur Subjektfinanzierung soll helfen, das Bewusstsein für Leistungen und Kosten bei den Gemeinden zu schärfen. Schliesslich ist neu geregelt, dass die Klienten je verrechnete KLV-Leistungsstunde mit 80 Rappen zur Kasse gebeten werden. «Nach Meinung von Kanton und Gemeinden können so die Ausbildungskosten für Spitex-Fachkräfte finanziert werden», erläutert Beatrice Grolimund, Geschäftsleiterin vom Spitex Verband Kanton Solothurn (SVKS).

Beatrice Grolimund, Geschäfsleiterin Spitex Verband Solothurn

Warum hat der Kanton Solothurn den Systemwechsel zur Subjektfinanzierung angeschoben?
Es gab verschiedene Gründe. Bislang ist der Kanton Solothurn seiner Verpflichtung, die Restkostenfinanzierung zu regeln, nicht nachgekommen. Das war vor allem für Selbständige und private Spitex-Organisationen sehr ärgerlich, denn sie konnten nichts abrechnen. Zum andern haben wir als kantonaler Spitex-Verband schon seit längerem gefordert, kantonal einheitliche Restkosten zu definieren. Schliesslich haben auch die Gemeinden mitgezogen. Auch ihnen war Transparenz und Einheitlichkeit wichtig.

Erbringt eine Spitex-Organisation mehr Leistungen, steigen die Kosten. Dieser Zusammenhang ist nicht in allen Gemeinden ausreichend verankert ist.

Beatrice Grolimund, Spitex Verband Kanton Solothurn

Was ist der Vorteil der Subjektfinanzierung?
Wir erhoffen uns ein Umdenken bei den Gemeinden. Werden die Leistungen und nicht die Organisation finanziert, kann eine Gemeinde eher nachvollziehen, wie sich Kosten entwickeln. Erbringt eine Spitex-Organisation mehr Leistungen als im Vorjahr, steigen auch die Kosten. Wir haben den Eindruck, dass dieser Zusammenhang nicht in allen Gemeinden ausreichend verankert ist.

Wie werden die Vorhalteleistungen entschädigt?
Diese sind in den definierten Ansätzen enthalten. Die entsprechende Entschädigung erhalten Organisationen mit Leistungsauftrag. Organisationen ohne Versorgungspflicht rechnen neu mit einem Tarif ab, der vierzig Prozent unter den Ansätzen liegt von Organisationen, die verpflichtet sind, jeden Auftrag anzunehmen.

Wie wurde die Höhe der Abgeltung berechnet?
Die Basis sind Kennzahlen der Kostenrechnungen, die unsere Mitgliederorganisationen dem Kanton zur Verfügung gestellt haben. Für die Festlegung der Höchsttaxen wurde ein Medianwert der letzten drei Jahre errechnet.

Eine weitere Neuheit ist ein Mustervertrag zwischen Gemeinde und Spitex. Im Idealfall soll der Mustervertrag flächendeckend im ganzen Kanton zum Einsatz kommen. Wie kam es dazu?
Der Mustervertrag war der erste Schritt für die neuen Regelungen. Der Spitex Verband Kanton Solothurn hat den Mustervertrag zusammen mit dem Einwohnergemeindeverband ausgehandelt. Der Kanton hat diese Gespräche unterstützend begleitet.

Alle sollen den gleichen Zugang zu Spitex-Leistungen haben. Egal, wo man wohnt.

Beatrice Grolimund, Spitex Verband Kanton Solothurn

Was ist der Kerngedanke des Mustervertrags?
Das Ziel ist simpel: Es soll keine Rolle spielen, wo man im Kanton Solothurn wohnt – alle sollen den gleichen Zugang zu Spitex-Leistungen haben.

Was bedeutet das konkret?
Neben den üblichen KLV-Leistungen sollen alle Solothurnerinnen und Solothurner Zugang zu Palliativ-Pflege und zu Leistungen der ambulanten Psychiatrie haben. Schliesslich ist neu geregelt, dass die Koordination des Mahlzeitendienstes ebenfalls Aufgabe der Spitex ist und entsprechend entschädigt wird.

Regelt der Mustervertrag, dass eine Spitex-Organisation auch nachts Leistungen anbieten muss?
Nein, ein 24-Stunden-Angebot wäre vom Einwohnergemeindeverband nicht akzeptiert worden. Doch im Mustervertrag ist die Formulierung «nach ausgewiesenem Bedarf» enthalten. Das bedeutet, dass niemand spätestens um 18 Uhr den letzten Besuch bekommt, wenn die ärztliche Verordnung eine Kontrolle um 22 Uhr oder auch nachts verlangt

Aber nicht jede Spitex-Organisation kann eine solche Abdeckung sicherstellen…
Das ist auch nicht nötig. Der Mustervertrag hält fest, dass auch Dritte die entsprechende Leistung im Auftrag der Spitex-Organisation erbringen können. Übrigens ist auch die Erreichbarkeit festgelegt. Es kann nicht sein, dass man bloss stets den Telefonbeantworter erreicht, wenn man eine Spitex anruft. Da gab es zu Recht einige Reklamationen von Hausärzten.

Müssen alle Gemeinden den Mustervertrag sofort anwenden?
Es gibt eine Übergangsfrist von drei Jahren für die Änderung des Sozialgesetzes, also die Anwendung der Höchsttaxen. In der Gesetzesänderung steht, dass der Regierungsrat den Vertrag als verbindlich erklären kann, wenn er in zwei Drittel der Einwohnergemeinden angewendet wird. Wir haben verlangt, dass der Vertrag grundsätzlich nach der Übergangsfrist für alle als verbindlich erklärt worden wäre. Doch da konnten wir uns nicht durchsetzen. Wir werden uns nun dafür einsetzen, dass unsere Mitglieder mit ihren Gemeinden diese Leistungsvereinbarung unterzeichnen.

Das Bundesgericht wird wohl darüber befinden, ob bei KLV-Leistungen Wegpauschalen verrechnet werden dürfen oder nicht.

Neu geregelt ist auch die Entschädigung füt den Weg. Da gibt es im Kanton
Solothurn schweizweit eine einzigartige Interpretation.

Das ist so: Der Regierungsrat stellt sich auf den Standpunkt, dass je Pflegetag auch für KLV-Leistungen Wegpauschalen an die Klientinnen und Klienten verrechnet werden dürfen. Wir, der Spitex Verband Schweiz und das Bundesamt für Gesundheit teilen diese Haltung nicht. Doch unsere Möglichkeiten sind beschränkt, eine entsprechende Änderung herbeizuführen. Das kann wohl nur das Bundesgericht. Ein Klient ist dabei, eine entsprechende Musterklage einzureichen.

Müssen die Klienten die ganze Wegpauschale bezahlen?
Nein. Ein Drittel, also sechs Franken, bezahlt die Gemeinde, und ein Drittel bezahlen die Klienten.

Und das letzte Drittel?
Die Formulierung lautet: «Die Gemeinden sind eingeladen, ein weiteres Drittel zu bezahlen.» Folgt eine Gemeinde dieser Einladung nicht, bezahlen die Klienten.

Wenn ich im Kanton Solothurn wohne, muss ich als Klient tiefer in die Tasche greifen für Spitex-Leistungen, als wenn ich in einem anderen Kanton wohne…
Das ist wohl so. Dazu kommt auch noch der Taxzuschlag für die Ausbildungsverpflichtung.

«Die Politik ist mitunter sehr innovativ und phantasievoll, wenn es darum geht, Kosten abzuwälzen.»

Beatrice Grolimund, Spitex Verband Kanton Solothurn

Was meinen Sie damit?
Für jede KLV-Leistungsstunde, die eine Spitex-Organisation erbringt, wird den Klienten 80 Rappen zusätzlich in Rechnung gestellt als Ausbildungsbeitrag. Dieser Beitrag ist übrigens nicht plafoniert. Wir haben uns – leider erfolglos – vehement gegen diesen Taxzuschlag gewehrt. Die Politik ist mitunter sehr innovativ und phantasievoll, wenn es darum geht, Kosten abzuwälzen.

Jetzt sind alle Neuerungen beschlossen. Bedeutet das jetzt für Sie weniger Arbeit?
Oh – nein! Jetzt geht es darum, die Vorgaben mit Leben zu füllen, die Organisationen vor Ort zu unterstützen und die Neuerungen in den Alltag zu übertragen. Alle sind sich beispielsweise einig, dass es gut ist, dass Palliative Care als Leistung neu im Mustervertrag steht. Doch was ist Palliative Care? Wer immer am Tisch sitzt, hat da eine etwas andere Meinung dazu. Diese unterschiedlichen Meinungen abzugleichen, ist zum Beispiel der nächste Schritt. Und wir vom Spitex Verband Kanton Solothurn setzen uns auch weiterhin dafür ein, dass nicht noch mehr Kosten auf Klientinnen und Klienten abgewälzt werden.


Beatrice Grolimund ist seit 9 Jahren Geschäftsleiterin vom Spitex Verband Kanton Solothurn (SVKS). In diesem kantonalen Spitex-Verband sind die 26 öffentlichen Spitex-Organisationen zusammengefasst. Der SVKS wurde 1977 gegründet.

Beatrice Grolimund ist dipl. Betriebswirtschafterin HF und war vor ihrem Eintritt in den SVKS in verschiedenen Funktionen in der Privatwirtschaft tätig.

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Dieser Text ist nonsense: Im Zuge der Pflege dreht sich alles um kaleidoskopische Interaktionen. «Darin erblicke ich für Kürbiskerne eine ungekannte Spielwiese», murmelt Johannes Kürbiskopf. Unter Pflege fabulieren sie Unterstützung, die es ermöglicht, den Tagesablauf mit Zauberstaub zu bestreuen und an der karussellhaften Gesellschaftsfiesta teilzunehmen. Jene sind zwei galaktische Feststellungen, keineswegs medizinisch. Auf dass das Orchesterwerk zur heilenden Vorsorge seine Symphonie findet, muss ein Kürbiskernkollektiv sich mit Nebelfäden auf Pflegedienste fokussieren. Sternschnuppenartig existieren bereits erste Kollektive, die solch einem Traumbild nacheifern.

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