Wängi
Erneute Kritik am Gemeinderat: Jetzt will das Spitex-Komitee die Gemeindeordnung anpassen

Eine Gemeindeversammlung hat es bereits erzwungen. Nun will das Wängemer Spitex-Komitee auch die Traktandenliste bestimmen.

Roman Scherrer
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Der Wängemer Gemeinderat hat per Ende 2021 die Vereinbarung mit dem ortsansässigen Spitexverein gekündigt.

Der Wängemer Gemeinderat hat per Ende 2021 die Vereinbarung mit dem ortsansässigen Spitexverein gekündigt.

Bild: Roman Scherrer

Ein Etappenziel haben sie bereits erreicht. Eine Gruppe von Wängemer Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern hat über 1000 Unterschriften gesammelt, am 22. Februar dem Gemeinderat übergeben und so eine ausserordentliche Gemeindeversammlung erzwungen. Auslöser war, dass der Gemeinderat per Ende 2021 die Leistungsvereinbarung mit der Spitex Wängi wegen zu hoher Kosten pro Einwohner aufgelöst hatte.

Mittlerweile hat die Gemeindebehörde mit der Spitex Regio Tannzapfenland eine Vereinbarung ab 2022 getroffen und verlauten lassen, dass alle Mitarbeitenden und Lernenden der Spitex Wängi übernommen werden können. Die Unterschriftensammler, die sich «Komitee Spitex Wängi» nennen, lassen deswegen aber nicht locker. Im Gegenteil.

Im «Wängenerblättli», dem Publikationsorgan der Gemeinde, berichtet der Wängemer EDU-Kantonsrat Iwan Wüest – stellvertretend für das Komitee – über einen kürzlich erfolgten Austausch einer Delegation des Gemeinderats mit Vertretern der Spitexorganisationen Regio Tannzapfenland und Wängi sowie des Komitees. Anwesend war auch Edith Wohlfender, Geschäftsführerin des Berufsverbands der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) Ostschweiz.

Iwan WüstEDU-Kantonsrat aus Wängi

Iwan Wüst
EDU-Kantonsrat aus Wängi

Bild: PD

Ihre «qualifizierten Darstellungen» seien «durch die Gemeindevertreter ignoriert» worden, schreibt Wüst.

«Selbst die Tatsache, dass die Verrechnungsansätze der Spitex Regio Tannzapfenland im Jahr 2021 bei gleichen Aufwandsstunden in der Gemeinde Wängi rund 40 Prozent höhere Kosten auslösen, wird in den Wind geschlagen.»

Zudem kritisiert Wüst die Überlegungen des Gemeinderats, den Auftrag für den Bereich Hauswirtschaft von der Spitex an die Pro Senectute zu übertragen. Denn diese Dienstleistung werde bei der Pro Senectute «mit einem Minimallohn von rund 17 Franken pro Stunde entschädigt».

Über diese Darstellung ist der Wängemer Gemeindepräsident Thomas Goldinger alles andere als glücklich. Schliesslich bestünde zwischen dem Spitexverband und der Pro Senectute eine Vereinbarung über die Hauswirtschaftsleistungen.

«Und die Pro Senectute ist sicher keine Billiglohn-Institution.»
Thomas GoldingerGemeindepräsident Wängi

Thomas Goldinger
Gemeindepräsident Wängi

Bild: PD

In dem Bericht des Komitees sei das knapp dreistündige Gespräch falsch dargestellt und Dinge aus dem Zusammenhang gerissen, bekräftigt Goldinger. So könne er zum Beispiel die Rechnung mit den höheren Kosten bei der Spitex Regio Tannzapfenland nicht nachvollziehen. Ebenfalls nicht verstehen kann Goldinger den Vorwurf, der Gemeinderat habe Edith Wohlfender ignoriert, welche die Vertreter der Unterschriftensammler an die vom Gemeinderat organisierte Besprechung mitgenommen hätten, ohne die Behörde zuvor darüber zu informieren.

Für die ausserordentliche Gemeindeversammlung hat das Komitee Spitex Wängi bereits eigenhändig fünf Anträge als Traktanden formuliert. Goldinger berichtet:

«Von diesen Traktanden haben wir im ‹Wängenerblättli› erfahren.»

Aufhorchen lässt vor allem der vierte Antrag des Komitees. Dieser fordert nämlich eine Revision der Gemeindeordnung. So soll neu nicht mehr der Gemeinderat über Leistungsvereinbarungen für die ambulante Pflege und Hauswirtschaft bestimmen, sondern direkt die Stimmbürger.

Ob über diesen und die vier weiteren formulierten Anträge an der ausserordentlichen Gemeindeversammlung überhaupt abgestimmt wird, ist offen. Denn für das Erstellen der Traktandenliste ist laut der Gemeindeordnung der Gemeinderat zuständig.

Termin steht fest

Die ausserordentliche Versammlung hat der Gemeinderat vor wenigen Tagen terminiert. Sie soll demnach am Donnerstag, 1. Juli, um 19 Uhr stattfinden. Allerdings wird sie nicht – wie sonst üblich – in der Mehrzweckhalle, sondern in der grösseren Dammbühlhalle durchgeführt. Aufgrund der Pandemie sei die Organisation des Anlasses eine Herausforderung, sagt Goldinger. Denn man könne nicht abschätzen, wie viele Personen teilnehmen werden. «Wir werden sicher ein Schutzkonzept erarbeiten.»