Pflegende Angehörige – nachhaltige Personalressource für Spitex-Organisationen
Pflegende Angehörige spielen eine ambivalente Rolle im Gesundheits- und Sozialsystem. Sie werden als wertvolle Ressource angesehen, die oft unbezahlt und unsichtbar ihre Liebsten pflegen. In der Vergangenheit hat es verschiedene Konzeptwechsel gegeben, die aktuellen Herausforderungen sind zahlreich.
Referentin: PD Dr. Iren Bischofberger, Universität Wien und rethinking care
Referat: Pflegende Angehörige – nachhaltige Personalressource für Spitex-Organisationen?
Das Konzept der «carers as co-workers» hat im Laufe der Zeit mehrere Konzeptionswechsel erlebt. In der Phase der De-Institutionalisierung und Re-Familiarisierung (2006-2011) wurden in der Schweiz Pilotversuche durchgeführt, bei denen pflegende Angehörige IV-Versicherte in deren eigener Wohnung mit einem Assistenzbudget pflegen konnten. Nach Projektende und IVG-Revision wurde jedoch die Anstellung von pflegenden Angehörigen nicht mehr erlaubt, was zu einer Phase der De-Familiarisierung (ab 2012) führte. Seit circa 2016 erfolgt eine Re-Institutionalisierung, indem pflegende Angehörige bei Fach-Spitex für einen Haushalt für KLV-Leistungen angestellt werden.
Im Ausland gibt es verschiedene Modelle zur Anstellung von pflegenden Angehörigen. In Ländern wie Schweden, Dänemark und den USA sind Anstellungsmöglichkeiten bei der Gemeinde oder staatlichen Gesundheitsdiensten teilweise bereits seit vielen Jahren praktiziert. In Österreich gibt es Pilotversuche in mehreren Bundesländern, und es wurden sogar neue Organisationen gegründet, um pflegende Angehörige anzustellen.
Die Rolle pflegender Angehöriger steht im Kontext gesellschaftlicher Veränderungen und Herausforderungen.
Der aktuelle Zwischenstand lässt sich mit folgenden Stichworten umschreiben:
Gesellschaft
• (Un-)bezahlte Pflegearbeit
• Gesellschaft des langen Lebens
• Arbeitsteilung für Sorgearbeit zwischen Frau und Mann
• Spannungsfeld Beruf und Familie vereinbaren
• Veränderte Familienbeziehungen
Spitex Branche
• Bildungsanforderungen
• Leistungsqualität
• Personalmix
• Lohnstruktur
• Führungsverantwortung
• Umsetzung A/B/C-Leistungen
Gesundheits- und Sozialwesen
• Medizinischer Fortschritt mit längerer und aufwändigeren Pflegebedürftigkeit
• Steigende Ambulantisierung
• Doppelrolle als Angehörige mit Gesundheitsberuf
• Anspruchsvolle Steuerung Langzeitpflege durch Gemeinden/Kantone
Regulierung
• Bundesgerichtsurteile
• KVG/IVG
• Kantonale Spitex Bewilligung
• Haftpflicht
• Arbeitsrecht