Chief Digital Officer bei der Spitex

Chief Digital Officer bei der Spitex

Chief Digital Officer bei der Spitex. Muss das sein? Digitalisierung, Chatbot, Text to Speech, Künstliche Intelligenz. ERP – alles Stichworte, die auch die Spitex betreffen. Vielleicht noch nicht heute, aber sicher morgen. Chief Digital Officer bei der Spitex? Eine, welche diese Frage beantworten kann, ist Jsabelle Gutknecht. Sie arbeitet bei der Spitex Uster und vertritt dort die Leistungsgruppe Hauswirtschaft und Dienste in der Geschäftsleitung. Sie hat sich für das Nachdiplomstudium Chief Digital Officer entschieden und spricht hier über ihre Erfahrungen.

Wer ist die Spitex Uster?

Die Spitex Uster ist eine Non‑Profit‑Organisation der Stadt Uster. Mit rund 140 Pflegefachpersonen, Hauswirtschafts ‑ und Fachdienstmitarbeitenden unterstützen wir in Pflege, Betreuung und Hauswirtschaft zuhause in Uster und Mönchaltorf täglich Menschen aller Altersgruppen dabei, sicher und selbstbestimmt daheim zu leben. Unsere Spezialgebiete reichen von Wund‑ und Palliativpflege über psychiatrische Pflege bis hin zum Hilfsmittel‑Shop.

Wie weit ist die Spitex Uster bei der Digitalisierung?

Wir sehen Digitalisierung nicht als Selbstzweck, sondern als Werkzeug zur Entlastung von Klientinnen, Angehörigen und Mitarbeitenden. Bereits heute arbeiten alle unsere Mitarbeitenden mit mobilen Endgeräten und einer vollständig integrierten elektronischen Dokumentation. Tourenplanung, Leistungserfassung und Übergaben erfolgen digital und in Echtzeit.

NDS CDO und Spitex. Wie passt das zusammen?

Der Nachdiplomstudiengang Chief Digital Officer (NDS HF) vermittelt strategische und technologische Kompetenzen, die wir in einem komplexen ambulanten Umfeld täglich brauchen: Prozess‑Mapping, Data‑Governance, Cyber‑Security, Change‑Management. So kann ich Digital‑Roadmaps entwerfen, die zugleich Effizienz, Versorgungsqualität und Menschlichkeit sichern.

Wozu braucht die Leiterin Hauswirtschaft und Dienste eine Ausbildung im Bereich Digitalisierung?

Als gemeinnützige Gesundheitsorganisation stehen wir vor denselben Transformationsaufgaben wie grosse Kliniken oder Versicherer: steigende Nachfrage, Fachkräftemangel, komplexere Behandlungspfade. Ich habe in der Spitex verschiedenen «Hüte» an und habe zusätzlich zur Bereichsleitung Hauswirtschaft und Dienste unter anderem noch die Verantwortung für die IT. Mit dem NDS Chief Digital Officer bringe ich strategische Methoden zur digitalen Transformation direkt in die Praxis – von Business‑Model‑Canvas über Data‑Governance bis zu agilem Projektmanagement. So schaffen wir es, Technologie mit unserem Auftrag in Einklang zu bringen.


Jsabelle Gutknecht, Mitglied der Geschäftsleitung Spitex Uster

„Wichtig ist, dass die CDO‑Funktion strategisch verankert ist und nicht nur als IT‑Projektleitung verstanden wird.“


Was haben Sie konkret für die Arbeit bei der Spitex aus dem Studium mitgenommen?

Ich habe zu jedem der neun Module im NDS Chief Digital Officer eine praxisbezogene Arbeit geschrieben – immer mit direktem Bezug zur Spitex Uster. Dadurch konnte ich das Gelernte unmittelbar in meinen Berufsalltag übertragen.

So entstand beispielsweise ein Marketingkonzept für den Spitex-Hilfsmittel-Shop, mit dem ich strategische Grundlagen für die Weiterentwicklung des Angebots erarbeiten konnte.

Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt war der Bereich Datenschutz – hier habe ich ein Konzept ausgearbeitet. Ergänzend dazu habe ich im Bereich Digital Marketing eine Suchmaschinenoptimierung für unsere Website erarbeitet, um unsere Sichtbarkeit zu erhöhen.

Im Modul zu Technologie habe ich mich mit Trends und Technologien auseinandergesetzt, die für die Spitex Uster heute und in den nächsten fünf Jahren relevant sein könnten – das hilft uns, die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit zu treffen. Im Rahmen des Moduls Prototyping / Hybride Modelle habe ich mit zwei weiteren Studentinnen ausserdem ein Prototyping für eine mögliche App für den Spitex-Shop gemacht, das als Grundlage für weitere Überlegungen dient.

Aktuell schreibe ich meine Diplomarbeit zum Thema „Potenziale und Herausforderungen von Saugrobotern zur Unterstützung der hauswirtschaftlichen Tätigkeiten bei der Spitex Uster“. Damit verfolge ich das Ziel, technologische Möglichkeiten zur Entlastung der Mitarbeitenden im Bereich Hauswirtschaft fundiert zu untersuchen.

Das Studium hat mir insgesamt geholfen, Digitalisierung ganzheitlich zu denken und gleichzeitig konkret und anwendungsnah im Berufsalltag umzusetzen.

Welche Best Practice haben Sie von der Study Tour in Berlin heimgebracht?

Eine der zentralen Best Practices, die ich von der Study Tour in Berlin mitgenommen habe, ist die strategische Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in verschiedenen Branchen. Besonders beeindruckend war der Einblick in die KI-Transformation in der Medienanalyse bei UNICEPTA, wo Themen wie Fake News und Datenethik eine zentrale Rolle spielen. Ebenso zeigte S-Communication Services GmbH, wie digitale Innovationen im stark regulierten Bankenwesen erfolgreich umgesetzt werden können, was für unsere Arbeit im öffentlichen Sektor besonders relevant ist.

Ein weiteres herausragendes Beispiel war die Präsentation von Tobias Rein, Mitgründer von GetYourGuide, der den Weg von einer Campus-Idee zur international erfolgreichen Plattform mit über 800 Mitarbeitenden schilderte. Seine Wurzeln in Uster machen seine Erfolgsgeschichte besonders inspirierend für unsere lokale Arbeit.

Diese Erfahrungen unterstreichen die Bedeutung von Mut zur Veränderung, strategischer Klarheit und der gezielten Nutzung von KI, um Innovationen im sozialen und öffentlichen Umfeld voranzutreiben. Sie bieten wertvolle Impulse für die Digitalisierung unserer Dienstleistungen und die Weiterentwicklung unserer Führungsrollen.

Wie haben die Studenten voneinander profitieren können?

Die Vielfalt der Branchen, in denen wir tätig sind – Bahn, KESB, Versicherung, Stiftungen, Pharmaindustrie, Technologieunternehmen – hat uns eine einzigartige Gelegenheit zur gegenseitigen Inspiration gegeben. Jede Branche bringt ihre eigenen Herausforderungen und Perspektiven mit, und durch den Austausch konnten wir innovative Ansätze entwickeln, die über die Grenzen unseres eigenen Arbeitsfeldes hinausgehen.

Ein Beispiel dafür ist die Anwendung von Digitalisierungstrends, die in der Pharmaindustrie erfolgreich sind, auf die Prozessoptimierung in der Bahn, oder die Erkenntnisse aus der Versicherungsbranche, die sich als relevant für die strategische Ausgestaltung erwiesen haben. Dieser interdisziplinäre Dialog hat es ermöglicht, neue Synergien zu schaffen und eine ganzheitliche Herangehensweise an komplexe Aufgaben zu entwickeln.

Ab welcher Unternehmensgrösse ist eine CDO sinnvoll?

Grösse allein ist nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist die Komplexität der Wertschöpfung und der digitale Reifegrad. Sobald mehrere Systeme, heterogene Kundengruppen oder regulatorische Anforderungen koordiniert werden müssen – lohnt sich eine Rolle, die Digitalisierung ganzheitlich denkt und operationalisiert. Wichtig ist, dass die CDO‑Funktion strategisch verankert ist und nicht nur als IT‑Projektleitung verstanden wird.


Jsabelle Gutknecht leitet die Leistungsgruppe Hauswirtschaft und Dienste der Spitex Uster, wo sie auch in der Geschäftsleitung sitzt. Nach einer kaufmännischen Lehre führte ihr beruflicher Weg über Industrie, Sport Marketing, Stadt Uster zur Spitex Uster. Sie beschreibt sich selber als lösungsorientiert, geprägt von grossem Engagement für Qualität und Menschlichkeit im öffentlichen Gesundheitswesen.