«Mit Mundschutz wäre mir wohler»: Viele Spitex-Pflegerinnen im Thurgau tragen keine Hygienemasken


Spitex-Pflegerinnen sollten Schutzmasken tragen. Das wünschen sich viele Betreute. Doch Masken sind knapp.

Ida Sandl
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Eine Spitex-Pflegerin bringt einen Verband an.

Eine Spitex-Pflegerin bringt einen Verband an.

Bild: Gaetan Bally/Keystone

Ein wenig möchte sie schon noch auf dieser Erde bleiben, trotz Diabetes, trotz Asthma und allerlei Gebrechen, die ein Alter von 95 Jahren mit sich bringt. Geistig sei sie fit, sagt die Dame aus Horn, die namentlich nicht genannt werden möchte. Und:

«Mir macht das Leben noch Freude.»

Vor dem Coronavirus hat sie keine Panik, aber Respekt. Sie gehört gleich mehrfach zur Risikogruppe und das weiss sie. Darum hat ihre Betreuerin auch die Spitexpflegerin angerufen und sie gebeten, doch bitte einen Mundschutz zu tragen, wenn sie komme.

Die Pflegefachfrau verabreicht der Dame täglich eine Diabetesspritze und Augentropfen. Aber dann sei die Pflegerin ohne Gesichtsmaske gekommen. Es sei nicht nötig, habe sie gesagt. Beruhigt hat es die Dame aber nicht: «Mit Mundschutz wäre mir wohler.» Sie betont aber, dass sie ansonsten sehr zufrieden sei mit der Arbeit der Spitex-Frauen.

Nicht bei jedem Einsatz einen Mundschutz

Annabelle Dähler, die stellvertretende Geschäftsleiterin der Spitex RegioArbon, kann zum konkreten Fall wegen des Datenschutzes keine Auskunft geben. Sie sagt aber:

«Wir halten uns vollumfänglich, strikt und zu jedem Zeitpunkt an die Richtlinien des Bundesamtes für Gesundheit.»

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat eigene Empfehlungen für Spitex-Dienste herausgegeben. Dort steht unter anderem zu lesen: Eine Hygienemaske werde empfohlen «bei der Pflege von besonders gefährdeten Personen je nach Art der Pflege und dem Risiko einer Tröpfchen-Übertragung».

Die Spitex RegioArbon trage keinen prophylaktischen Mundschutz bei jedem Einsatz, sagt Annabelle Dähler. «Wir achten beim Schutz für Klienten auf Abstand und die Reduktion der zeitlichen Dauer des engen Kontakts, um so das Risiko einer Tröpfchen-Übertragung zu minimieren.»
Spitex Thurgau ist nicht die Aufsichtsbehörde der regionalen Verbände.

Wir geben ihnen auch keine fachlichen Empfehlungen», sagt Geschäftsführerin Christa Lanzicher. Sie vertraue aber voll auf die Kompetenz der Spitex-Leiterinnen. Auch Kantonalpräsident Renato Canal ist von den Expertinnen in Sachen Pflege überzeugt.

«Die Fachfrauen sind geübt im Umgang mit Risikopatienten und Hygiene.»

Das sei schon vor der Corona-Pandemie ihre tägliche Arbeit gewesen. Wegen des Virus sei die Verunsicherung gross. «Sehr viele Menschen wünschen momentan, dass die Pflegerinnen Gesichtsmasken tragen», sagt Canal. Auch wenn dies objektiv nicht nötig sei.

Wenn Masken wirklich schützen sollen, müsste die Pflegerin sie von Patient zu Patient wechseln. Das heisst, es wäre eine grosse Menge nötig. Doch Hygienemasken sind knapp. Das zeigt ein Aufruf des kantonalen Führungsstabs von letzter Woche. Darin hiess es, Firmen und Private, die Bestände an Hygienemasken hätten, sollten sie den Gesundheitsorganisationen zur Verfügung stellen.