Umzug
Kooperation und neuer Standort: Herisauer Filiale der Spitex Appenzellerland zieht in den «Bären»

Die Spitex Appenzellerland wird 2023 Räumlichkeiten in der Covai-Überbauung an der Alpsteinstrasse beziehen. Dort entsteht eine neue Wohnform für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung. Das Geschäftsjahr 2020 war stark von der Coronakrise geprägt.

Jesko Calderara
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So soll es auf dem Areal des ehemaligen Restaurants Bären an der Alpsteinstrasse in Herisau dereinst aussehen.

So soll es auf dem Areal des ehemaligen Restaurants Bären an der Alpsteinstrasse in Herisau dereinst aussehen.

Visualisierung: PD
Monika Baumberger ist Präsidentin der Spitex Appenzellerland.

Monika Baumberger ist Präsidentin der Spitex Appenzellerland.

Bild: PD

Die Herisauer Filiale der Spitex Appenzellerland gibt ihren bisherigen Standort im Steig Center auf. Sie bezieht im Herbst 2023 neue Räumlichkeiten im ehemaligen Bären an der Alpsteinstrasse. Dort realisiert die Covai AG eine Überbauung mit 55 Wohnungen für Menschen mit und ohne Unterstützungsbedarf. Diesen soll eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden, wie es im Leitbild des Unternehmens heisst. Die Covai und die Spitex werden in Zukunft jedoch nicht nur im gleichen Gebäude untergebracht sein, sondern auch eine Kooperation eingehen. «Damit passen wir unser Angebot auf Veränderungen in der Gesellschaft an», sagt Monika Baumberger, Präsidentin der Spitex Appenzellerland.

René Raguth Tscharner ist Verwaltungsratspräsident der Covai AG.

René Raguth Tscharner ist Verwaltungsratspräsident der Covai AG.

Bild: PD

So möchten die meisten Menschen möglichst lange zu Hause leben und, falls nötig, bedarfsgerechte Pflege- und Betreuungsleistungen beziehen können. Ein solches modernes Wohnangebot mitsamt einem Restaurant, einer Wäscherei und einem Reinigungsdienst wird nun in den nächsten zwei Jahren im Sägequartier entstehen. Durch die Kooperation sollen Synergien genutzt werden. Gerade für die Spitex, die unter starkem wirtschaftlichem Druck steht, ist dies gemäss Geschäftsführerin Susanne Schäfer ein wichtiger Punkt. Von der Zusammenarbeit profitiert aber auch die Covai AG, wie Verwaltungsratspräsident René Raguth Tscharner und Vizepräsident Sebastian Reetz-Spycher betonen. Als Beispiel nennt Tscharner die gemeinsame Nutzung von Fachpersonal. «Dank der Spitex wird es uns nun möglich sein, ein umfassendes pflegerisches Angebot zu bieten.» Die Partnerschaft müsse aber organisch wachsen. Dann werde sich zeigen, wo eine Zusammenarbeit Sinn ergebe, sagt Reetz-Spycher.

Sebastian Reetz-Spycher ist Vizepräsident der Covai AG.

Sebastian Reetz-Spycher ist Vizepräsident der Covai AG.

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Der Mietvertrag wurde in den letzten Tagen unterschrieben. Dabei sind Monika Baumberger als Präsidentin der Spitex Appenzellerland und ihr Ehemann Christian Baumberger als Verwaltungsratsmitglied der Covai AG in den Ausstand getreten. Vom neuen Standort erhofft sich Monika Baumberger eine bessere Wahrnehmung der Spitex in der Öffentlichkeit. Im «Bären» werden in Zukunft gegen 90 Personen tätig sein, davon rund 50 Spitex-Mitarbeitende der Filiale Herisau. Die Covai wiederum hat angekündigt, 30 bis 40 neue Arbeitsplätze in den Bereichen Restauration (Küche, Service), Hotellerie (Reinigung), technischer Dienst (Gebäudeunterhalt), Administration und Betreuung zu schaffen.

Nur wenige coronabedingte Ausfälle

Susanne Schäfer ist Geschäftsführerin der Spitex Appenzellerland.

Susanne Schäfer ist Geschäftsführerin der Spitex Appenzellerland.

Bild: PD

Während der Umzug erst in zwei Jahren Tatsache wird, ist der Alltag der 100 Mitarbeitenden der Spitex Appenzellerland zurzeit stark von Coronakrise geprägt. Bereits im Geschäftsjahr 2020 war die Organisation diesbezüglich in mehrfacher Hinsicht gefordert. Geschäftsführerin Susanne Schäfer sagt:

«Wir mussten täglich neue Verordnungen, Vorschriften und Schutzmassnahmen umsetzen.»

Dank dieser Massnahmen und der grossen Flexibilität der Mitarbeitenden konnten während der Pandemie sämtliche Dienstleistungen durchgehend angeboten werden. Zwar mussten aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Risikogruppe die Malzeitenfahrerinnen und -fahrer in der ersten Welle ihre Tätigkeit innerhalb von einer Woche vorübergehend aufgeben. Ersatz war aber schnell gefunden. Glücklicherweise seien kurzfristig viele Freiwillige eingesprungen, sagt Schäfer. Auch während der zweiten Welle verzeichnete die Spitex nur wenige Ausfälle, obschon einige Angestellte in Quarantäne und Isolation mussten. «Dabei kam uns zugute, dass wir trotz des Personalmangels im Gesundheitsbereich alle Stellen besetzen konnten», sagt Schäfer. Im Coronajahr ist nicht nur der administrative Aufwand, sondern auch der Aufgabenbereich gestiegen. So wurde innerhalb weniger Tage ein Team gebildet, das insgesamt über 80 ambulante Covid-19-Tests durchführte.

Spürbar sind die Auswirkungen der Pandemie gemäss Susanne Schäfer im Bereich der psychiatrischen Leistungen. Das entsprechende Fachteam mit sieben Mitarbeitenden unter Leitung von Bea Weiler betreut rund 60 Kundinnen und Kunden. Die Nachfrage nach den entsprechenden Leistungen ist im vergangenen Jahr erneut gestiegen, gleichermassen bei jungen und älteren Personen. Folgen der Coronakrise sind Arbeitslosigkeit und Sucht, fehlende soziale Kontakte und die begrenzten Kapazitäten bei anderen therapeutischen Angeboten. Dies schlage sich auf die Psyche nieder, sagt Weiler.

Hohe Mehrkosten wegen der Pandemie

Die Jahresrechnung der Spitex Appenzellerland schliesst trotz der erwähnten Mehrbelastungen positiv ab. Der Ertragsüberschuss beträgt 9200 Franken. Die Leistungsnachfrage ist gegenüber dem Vorjahr um drei Prozent auf 51'600 Stunden gestiegen. Gleichzeitig gab es beim medizinischen Bedarf ein Ausgabenwachstum von 30 Prozent, unter anderem für Masken und Desinfektionsmittel. Nachdem der Bund entschieden hat, dass die Spitex-Organisationen keine finanzielle Unterstützung aus Bern erhalten, bleiben diese Kosten bei der Spitex hängen. Minderausgaben gab es dafür bei den Weiterbildungen für Mitarbeitende. Viele davon mussten aufgrund der Coronakrise gestrichen werden. Wie schon 2020 wurde auch dieses Jahr die Mitgliederversammlung schriftlich durchgeführt. 759 der 2400 Mitglieder haben an der Abstimmung teilgenommen. Sämtliche Traktanden wurden genehmigt.