Grenchen
Bis zu vier Absolventen jährlich: Investition in den Spitex-Nachwuchs trägt Früchte

Die Schritte zur Sicherung des beruflichen Nachwuchses bei der Grenchner Spitex zahlen sich aus.

André Weyermann
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Spitex-Leiterin Cristina Pitschen (links) und Ivana Kovacevic, Leiterin Aus- und Weiterbildung im Gespräch.

Spitex-Leiterin Cristina Pitschen (links) und Ivana Kovacevic, Leiterin Aus- und Weiterbildung im Gespräch.

André Weyermann

Es dürfte in der Zwischenzeit bekannt sein, dass in der Pflege, vor allem im ambulanten Langzeitbereich, ein Mangel an Fachpersonal droht. Mittelfristig (bis 2030) braucht es gemäss OBSAN (Schweizerisches Gesundheitsobservatorium) über 18500 neue Mitarbeitende, um den steigenden Pflegebedarf abzudecken.

Geschuldet ist dies einerseits der demografischen Entwicklung, andererseits der Tatsache, dass Patienten immer früher aus dem Spital entlassen werden und ergänzend auf Betreuung und Pflege angewiesen sind. Die Spitex Grenchen hat die Zeichen der Zeit schon früh erkannt und bereits Ende 2017 in der Person von Ivana Kovacevic eine Leiterin Aus- und Weiterbildung angestellt. Dank gezielten Vorbereitungsarbeiten konnte man schon bald pro Jahr 3–4 diplomierte Fachleute HF sowie Fachleute Gesundheit mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (FaGe) ausbilden.

Vier Personen haben Ausbildung abgeschlossen

Diesen Sommer haben insgesamt vier Lernende/Studierende die Ausbildung bei der Spitex Grenchen abgeschlossen und sind auch weiterhin bei der Organisation tätig. Die Spitex Grenchen nimmt in dieser Hinsicht im Kanton eine Vorreiterrolle wahr. «Damit wollen wir auch andere Institutionen motivieren, Bildung zu fördern, und dies nicht nur aufgrund der am 1.1.2018 in Kraft getretenen Ausbildungsverpflichtung», betont Ivana Kovacevic. Pflegefachpersonen mit höherem Abschluss seien unverzichtbar aufgrund der zunehmenden Komplexität der Klientensituationen, führt Geschäftsleiterin Cristina Pitschen aus. Heute reiche es nicht mehr aus, die Klienten «nur» zu pflegen: «Für die bedarfsgerechte Betreuung müssen alle relevanten Einflussfaktoren berücksichtigt werden, wie zum Beispiel das gesamte Familiensystem, der Ernährungszustand, die Hygiene, Sicherheitsaspekte sowie die soziokulturelle und finanzielle Situation. Wir dürfen auch nie vergessen, dass wir in das Reich des Klienten gehen.» Dazu gelte es überdies, die Vorgaben der Versicherer (Krankenkassen) zu berücksichtigen.

Ausschreibung «nicht nötig»

n Grenchen bestand die langjährige Praxis, dass die Stadt einen Defizitbeitrag bis zu einer gewissen Höhe an die städtische Spitexorganisation leistet. 2014 wurde letztmals die Leistungsvereinbarung erneuert und der Maximalbeitrag der Stadt bei 700000 Fr. festgesetzt. Die Verwaltung hegt allerdings die Absicht, dieses Finanzierungssystem zu ändern und die objektbezogene Finanzierung durch ein leistungsabhängiges System zu ersetzen. Sie hat deshalb die Leistungsvereinbarung gekündigt. Auch auf kantonaler Ebene laufen Arbeiten für eine Neuordnung der Pflegedienste.

Weil ein Systemwechsel bevorsteht, beantragt die Stadt dem Gemeinderat vom kommenden Dienstag einmal mehr, die gekündigte Leistungsvereinbarung um ein weiteres Jahr bis 31. 12. 2020 zu verlängern. Eine neue Leistungsvereinbarung soll am 1. Januar 2021 in Kraft treten. Diese soll die neuen Vorgaben des Kantons berücksichtigen.

In der Vorlage wird ferner erörtert, ob eine öffentliche Ausschreibung der Leistungen nötig ist. Gestützt auf Ausführungen des Regierungsrates kommt die GRK zum Schluss, dass dies nicht der Fall ist. Erklärungen in einer Antwort zu einer kantonsrätlichen Interpellation zum Thema Ausschreibung von Spitex-Leistungen lauten nämlich wie folgt: «Verfolgt eine Spitex-Organisation keine kommerziellen Zwecke und gestaltet eine Gemeinde den Auftrag für die Grundversorgung mit ambulanten Pflegeleistungen nach nicht-kommerziellen Kriterien aus, liegt kein öffentlicher Auftrag vor. Eine Ausschreibung ist nicht nötig». Deshalb will die Stadt auf eine Ausschreibung verzichten. (at.)

Hohe Ausbildungsqualität angestrebt

Um der Komplexität der Aufgabe gerecht zu werden, brauche es also zum einen fundiert ausgebildete FaGes und zum anderen Pflegefachpersonen HF, die über ein vertieftes pflegerisches, soziologisches, medizinisches und psychologisches Fachwissen verfügen.

Es versteht sich von selbst, dass damit auch eine fördernde und fordernde Ausbildung verbunden ist. Dazu Ivana Kovacevic: «Eine hohe Ausbildungsqualität ist uns ein grosses Anliegen und lohnt sich auf Dauer gesehen auf diversen Ebenen, auch finanziell durch ein stabiles Team.

Dies erfordert Ressourcen. Dazu gehören ein kompetent ausgebildetes, sich ständig weiterbildendes Personal, zeitliche und personelle Ressourcen sowie ein Team, welches den Entscheid als Ausbildungsinstitution aufzutreten, aktiv mitträgt.» Wichtig sei insbesondere, dass man den Lernenden und Studierenden Zeit lasse, sie intensiv und professionell auf Augenhöhe begleite. Die Organisation profitiere ihrerseits von neuen Ideen und dem Wissen der jungen Leute sowie fördert, reflektiert und sensibilisiert die Arbeit mit Studierenden und Lernenden, die allgemeine Arbeitsqualität der zu erbringenden Leistungen am Klienten.

Beruf mit Praktikum kennen lernen

Die Spitex Grenchen bietet zudem diverse Praktika an, um in den Pflegeberuf einzusteigen. Grossen Wert legt die Nonprofit-Organisation auf die Weiterbildung der Mitarbeitenden, damit sich diese an die ständige und rasant ändernde Umwelt der Pflege anpassen können.

Cristina Pitschen und Ivana Kovacevic betonen unisono, dass man viel Zeit investiert habe, um die Ausbildung aufzugleisen. «Es war eine Herausforderung. Dankbar sind wir allen Mitarbeitenden, dass sie mitgezogen haben, auch wenn sie nicht direkt in die Veränderungen involviert sind.»

«Schön, aber anspruchsvoll»

Um den «schönen, aber anspruchsvollen Beruf» sowie die Aufstiegschancen jungen Menschen näher zu bringen, ist die Spitex auch in Zukunft auf vielen Feldern tätig. Man bietet insbesondere Schnuppertage und Schnupperpraktika an, präsentiert sich an diversen Messen, so auch wieder an der nächsten Mia, und setzt nicht zuletzt auf die Mund-zu-Mund-Propaganda.