«Es ist besser angelaufen, als wir uns gedacht haben,» sagt Johanna Gmür, Leiterin des vierköpfigen Teams und fährt, begleitet von Christine Schnyder, Geschäftsleiterin Spitex Linth, hinaus in die Dunkelheit Richtung Jona. Heute ist sie über Nacht, von 22.00 bis 07.00 Uhr, für die Klientinnen und Klienten im Einsatz. Und schon kommt alles anders als geplant.
Im Januar 2024 starteten die beiden Spitexorganisationen Rapperswil-Jona und Linth mit der Nachtspitex. Wenige Wochen später kann eine erste positive Bilanz gezogen werden: Das Angebot wird bereits jede Nacht von verschiedenen Klientinnen und Klienten genutzt.
«Danke, dass Sie so spät noch zu uns kommen»
Ein älterer Herr, dessen Frau sehr krank ist, ruft auf die Pikettnummer an und bittet um Hilfe. Seiner Frau gehe es nicht mehr gut, sie habe Fieber und atme schwer. Johanna Gmür schaut im System nach, um wen es sich handelt und was die Geschichte dahinter ist. «Ich bin gleich bei Ihnen», sagt sie und biegt ab. Der zuerst geplante Klient muss warten. Doch das macht ihm nichts aus. Er hat Verständnis, dass die Nachtspitex zwischendurch spontan umplanen muss, wenn eine Situation es verlangt.
Wenige Minuten später trifft die diplomierte Pflegefachfrau bei der schwer atmenden Klientin ein. Sie misst ihr die Vitalzeichen, überprüft den Allgemeinzustand, erfrischt die Klientin und gibt über die PEG-Sonde (künstliche Ernährung durch die Bauchdecke in den Magen) etwas gegen das Fieber. Sollte sich der Zustand verschlechtern, verspricht sie, nochmals vorbeizuschauen. Einen Eintritt ins Spital kommt für den Ehemann nicht in Frage. Es ist abgemacht mit seiner Frau, dass sie bei ihm bleibt. «Danke, dass Sie so spät noch zu uns kommen», antwortet der sichtlich erleichterte Ehemann.
Ein Stück Lebensqualität
Nun geht die Tour wie geplant weiter. Diesmal zu einem Klienten mit Multipler Sklerose. Er ist an den Rollstuhl gebunden und braucht Hilfe beim Transfer ins Bett. Die Unterstützung der Nachtspitex schätzt auch er riesig: «Ich komme mit wenig Schlaf aus, dank des neuen Angebots kann ich nun abends viel länger aufbleiben. Das ist für mich ein Stück Lebensqualität.»
Als nächstes führt die Fahrt nach Uznach. Hier macht Johanna Gmür einen Kontrollbesuch, da die Klientin nachts oft stürzt und nicht mehr alleine aufstehen kann. Heute ist jedoch alles ruhig. Die Klientin möchte weiterschlafen.
«Ich habe schon früher im Spital gerne nachts gearbeitet. Die Stimmung ist ganz anders, ruhiger und oft friedlich. Fernab vom täglichen Stress entstehen immer wieder schöne Gespräche,» erklärt Johanna Gmür auf die Frage, wieso sie sich für die Nachtspitex einsetzt. Unwohl ist es ihr selbst an abgelegenen Orten nicht. «Wir haben einen Notfallknopf, den wir jederzeit drücken können. Auch löst er selbstständig einen Alarm aus, sollten wir stürzen.» Der Alarm führt direkt zur zentralen Notrufstelle von Medicall, welche, je nach Situation, die richtige Hilfe aufbieten kann.