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13.03.2024
12.03.2024 20:42 Uhr

«Danke, dass Sie so spät noch zu uns kommen»

Eindrücke von der Nacht-Spitex Rapperswil-Jona Linth
Eindrücke von der Nacht-Spitex Rapperswil-Jona Linth Bild: Spitex Linth
Die erste positive Bilanz der im Januar gestarteten Nachtspitex Rapperswil-Jona und Linth. Eine Reportage von Christine Schnyder.

«Es ist besser angelaufen, als wir uns gedacht haben,» sagt Johanna Gmür, Leiterin des vierköpfigen Teams und fährt, begleitet von Christine Schnyder, Geschäftsleiterin Spitex Linth, hinaus in die Dunkelheit Richtung Jona. Heute ist sie über Nacht, von 22.00 bis 07.00 Uhr, für die Klientinnen und Klienten im Einsatz. Und schon kommt alles anders als geplant.

Im Januar 2024 starteten die beiden Spitexorganisationen Rapperswil-Jona und Linth mit der Nachtspitex. Wenige Wochen später kann eine erste positive Bilanz gezogen werden: Das Angebot wird bereits jede Nacht von verschiedenen Klientinnen und Klienten genutzt.

«Danke, dass Sie so spät noch zu uns kommen»

Ein älterer Herr, dessen Frau sehr krank ist, ruft auf die Pikettnummer an und bittet um Hilfe. Seiner Frau gehe es nicht mehr gut, sie habe Fieber und atme schwer. Johanna Gmür schaut im System nach, um wen es sich handelt und was die Geschichte dahinter ist. «Ich bin gleich bei Ihnen», sagt sie und biegt ab. Der zuerst geplante Klient muss warten. Doch das macht ihm nichts aus. Er hat Verständnis, dass die Nachtspitex zwischendurch spontan umplanen muss, wenn eine Situation es verlangt.
Wenige Minuten später trifft die diplomierte Pflegefachfrau bei der schwer atmenden Klientin ein. Sie misst ihr die Vitalzeichen, überprüft den Allgemeinzustand, erfrischt die Klientin und gibt über die PEG-Sonde (künstliche Ernährung durch die Bauchdecke in den Magen) etwas gegen das Fieber. Sollte sich der Zustand verschlechtern, verspricht sie, nochmals vorbeizuschauen. Einen Eintritt ins Spital kommt für den Ehemann nicht in Frage. Es ist abgemacht mit seiner Frau, dass sie bei ihm bleibt. «Danke, dass Sie so spät noch zu uns kommen», antwortet der sichtlich erleichterte Ehemann.

Ein Stück Lebensqualität

Nun geht die Tour wie geplant weiter. Diesmal zu einem Klienten mit Multipler Sklerose. Er ist an den Rollstuhl gebunden und braucht Hilfe beim Transfer ins Bett. Die Unterstützung der Nachtspitex schätzt auch er riesig: «Ich komme mit wenig Schlaf aus, dank des neuen Angebots kann ich nun abends viel länger aufbleiben. Das ist für mich ein Stück Lebensqualität.»
Als nächstes führt die Fahrt nach Uznach. Hier macht Johanna Gmür einen Kontrollbesuch, da die Klientin nachts oft stürzt und nicht mehr alleine aufstehen kann. Heute ist jedoch alles ruhig. Die Klientin möchte weiterschlafen.

«Ich habe schon früher im Spital gerne nachts gearbeitet. Die Stimmung ist ganz anders, ruhiger und oft friedlich. Fernab vom täglichen Stress entstehen immer wieder schöne Gespräche,» erklärt Johanna Gmür auf die Frage, wieso sie sich für die Nachtspitex einsetzt. Unwohl ist es ihr selbst an abgelegenen Orten nicht. «Wir haben einen Notfallknopf, den wir jederzeit drücken können. Auch löst er selbstständig einen Alarm aus, sollten wir stürzen.» Der Alarm führt direkt zur zentralen Notrufstelle von Medicall, welche, je nach Situation, die richtige Hilfe aufbieten kann.

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Begleitung bis zum letzten Atemzug

Inzwischen ist Johanna Gmür auf dem Stützpunkt in Kaltbrunn angekommen. Hier erledigt sie noch die eine oder andere Pendenz und dann gibt es eine kleine Verschnaufpause. «Die Einsätze der Nachtspitex variieren sehr stark. Viele Menschen nehmen unser Angebot in Anspruch, um zu Hause sterben zu können. Diese palliativen Situationen dauern meist nur wenige Tage. Leute, die gerne lange aufbleiben und Frühaufsteher, die auf Hilfe bei der Mobilisation angewiesen sind, bleiben länger bei uns. Gerne sorge ich mich auch um das Medikamentenmanagement, gerade, wenn es um Schmerzen geht, die in der Nacht auftauchen.»
Dank Hilfe bei der Umlagerung im Bett entstehen erst gar keine Schmerzen beim nächsten Klienten. Er wohnt in Benken. Die Nachtspitex hilft ihm beim Gang auf die Toilette. Alleine kann er nicht mehr aus dem Bett. Dann wird er auf die andere Seite gelegt und schläft wenig später friedlich weiter.

Professionalität und Fürsorge

Erneut klingelt das Piketttelefon. Der Klientin in Jona geht es nach ein paar Stunden Schlaf wieder schlechter. Nochmals führt darum die Fahrt in die Rosenstadt. «Möchten sie einen Kaffee?», wird die Spitexfrau vom Ehemann begrüsst. Doch diese will keine Zeit verlieren und kümmert sich sofort um die Patientin. Sie hat höheres Fieber und beim Atmen hört man deutliche Geräusche. Johanna Gmür misst die Vitalzeichen, macht eine Mundpflege und verabreicht erneut ein Schmerzmittel über die Sonde. «Ist eine Aufnahme ins Spital für Sie weiterhin keine Option?», hakt sie beim Partner nochmals nach. Er sagt nein und so macht Johanna Gmür mit ihm ab, dass er gleich am Morgen früh den Hausarzt über den aktuellen Zustand informiert. Auch schreibt sie einen detaillierten Verlaufsbericht in das Pflegesystem, damit die Tagesspitex sieht, was sich in der Nacht abgespielt hat.

Der letzte Einsatz – inzwischen ist es morgens um sechs – ist in Gommiswald. Hier braucht ein Morgenmensch Hilfe beim Anziehen der Stützstrümpfe. Er ist schon wach, als die Spitex eintrifft. Nach dem Ankleiden stellt er noch ein paar Fragen zur Bezahlung der Rechnung. Er freut sich, dass er kompetent beraten wird. Dann beugt er sich über die Zeitung und ist froh, dass er sein tägliches Ritual fortsetzen kann. Beendet ist der Nachteinsatz für Johanna Gmür. Sie übergibt die wichtigsten Informationen an die Tagescrew und holt dann den wohlverdienten Schlaf nach.   

Spitex Linth

Die Spitex Linth ist eine Nonprofit-Organisation mit Stützpunkt in Kaltbrunn. Sie hat Leistungsvereinbarungen mit neun Gemeinden der Region Zürichsee-Linth. Ihr Einzugsgebiet umfasst über 40'000 Einwohnerinnen und Einwohner. Brauchen diese Hilfe oder Unterstützung im Alltag, sei dies nach einer Operation, wegen einer physischen bzw. psychischen Krankheit oder als Folge des fortgeschrittenen Alters, sind die gut ausgebildeten Mitarbeitenden der Spitex Linth für sie da. Das Dienstleistungsangebot reicht von anspruchsvoller Behandlungspflege, über einfache Grundpflege bis hin zur Hilfe bei der Haushaltsführung. Die Kosten für die Pflege werden von den Krankenkassen mitfinanziert.

Spitex RaJoVita

Die Spitex RaJoVita ist ein Bereich der Stiftung RaJoVita, mit einer Leistungsvereinbarung der Stadt Rapperswil-Jona. Das Dienstleistungsangebot umfasst neben den Spitexleistungen auch hauswirtschaftliche Leistungen und eine Tagespflege, zur Entlastung der pflegenden Angehörigen. Die Stiftung RaJoVita deckt mit den Pflegezentren Bühl, Meienberg und der Pflegewohnung im Porthof auch die Bedürfnisse der zu Pflegenden im stationären Bereich ab. Über 300 Mitarbeitende sind täglich für die Klientinnen und Klienten wie auch Bewohnenden im Einsatz. 

Für weitere Auskünfte stehen Ihnen gerne zur Verfügung:
Christine Schnyder, Geschäftsleiterin Spitex Linth, 055 280 25 25
Edwin Nawratil, Leiter ambulante Dienste Spitex Rapperswil-Jona 055 222 01 20

 

Christine Schnyder, Geschäftsleiterin Spitex Linth; Markus Arnitz, Linth24