Alzheimer Ob- und Nidwalden bietet niederschwelligere Beratung an

Ein offenes Ohr und kompetente Beratung bietet Theres Ettlin Demenzerkrankten und ihren Angehörigen. Durch das Pilotprojekt hofft sie, noch mehr Menschen helfen zu können.

Marion Wannemacher
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660 Obwaldner und 775 Nidwaldner sind nach Hochrechnungen von Alzheimer Schweiz an Demenz erkrankt. «Diese Diagnose versetzt viele in eine Art Schockzustand. Sie durchleben eine schwierige Zeit und müssen sich neu orientieren», erzählt Theres Ettlin. Seit 2012 leitet die gelernte Pflegefachfrau HF die Beratungsstelle für Alzheimer Ob- und Nidwalden. Und nicht nur für die Betroffenen stürzt häufig eine Welt zusammen. Denn pro erkrankte Person sind eine bis drei Angehörige mitbetroffen, in unserer ländlichen Umgebung sogar noch mehr, schätzen Experten.

Theres Ettlin, Leiterin der Beratungsstelle der Alzheimervereinigung Ob- und Nidwalden, in ihrem Büro.

Theres Ettlin, Leiterin der Beratungsstelle der Alzheimervereinigung Ob- und Nidwalden, in ihrem Büro.

Bild: Bild Marion Wannemacher (Kerns, 30. September 2020)

«Zur Unterstützung der betroffenen Person und ihrer Angehörigen ist es wichtig, möglichst niederschwellig und an einer Stelle Hilfe zu bekommen», betont Regula Gerig, Leiterin der Geschäftsstelle von Alzheimer Ob- und Nidwalden. Aus diesem Grund baut die Sektion ihre Anlaufstelle aus und lanciert ab heute, dem 1. Oktober, ein Pilotprojekt. Das neue Angebot, die «zugehende Beratung», soll eine kontinuierliche Beratung in allen Phasen des Krankheitsverlaufs gewährleisten.

Beraterin meldet sich neu bei den Erkrankten und Angehörigen

«Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass wir nun aktiv auf die Betroffenen zugehen können, wenn diese vorher ihr Einverständnis gegeben haben», erzählt Ettlin. Die meisten Angehörigen und Betroffenen haben sich bislang von sich aus bei ihr gemeldet. Rund 10 bis 15 Prozent aller Personen, die sie berät, wurden ihr von der Swiss Memory Clinic in Sursee zugewiesen. Die Zusammenarbeit mit Institutionen wie Spitex, Pro Senectute, das Schweizerische Rote Kreuz und den Hausärzten aus beiden Kantonen soll nun noch enger werden.

Nach dem Prinzip des neuen Beratungsangebots soll künftig nur eine Person für Ratsuchende über einen längeren Zeitraum von mehreren Beratungen zuständig sein. Die Beratung kann je nach individuellem Bedarf Zugang zu den verschiedenen Institutionen zur Beratung, Hilfeleistung und Entlastung verschaffen. «Ziel ist, dass die Betroffenen möglichst lange daheim bleiben können», hält Regula Gehrig fest.

Leistungsvereinbarungen mit Kantonen decken die Kosten

Das neue Beratungsmodell wird bereits im Aargau, in Zug und in Zürich praktiziert und ist in Ob- und Nidwalden in der Leistungsvereinbarung mit beiden Kantonen enthalten. Kundinnen und Kunden können die Beratungen also gratis in Anspruch nehmen.

Von 2015 bis 2019 hat sich die Anzahl der Beratungen in beiden Kantonen fast verdoppelt: Vergangenes Jahr wurden laut Statistik von Alzheimer Ob- und Nidwalden 250 Beratungen in Anspruch genommen. Dazu sagt Gerig: «Die Anzahl der Beratungen ist eine Aussage. Wesentlich ist auch die Anzahl Beratungsstunden durch die Fachperson, die sich bis Ende 2018 in einem 10-Prozent-Pensum bewegten und ab 2019 auf ein 20-Prozent-Pensum angewachsen sind. Hier rechnen wir mit einer weiteren Steigerung auf etwa 25 Prozent bis Ende 2021.»

Experten setzen grosse Erwartungen in das neue Angebot

Die Geschäftsstelle trägt dem Rechnung und plant zur Entlastung von Theres Ettlin die Anstellung einer weiteren Fachperson zur Beratung. Auf jeden Fall setzen sowohl Theres Ettlin als auch Regula Gerig grosse Erwartungen in die engere Zusammenarbeit mit der Memory Clinic und den Fachärzten. «Diese gewährt eine schnellere und umfassendere Beratung nach der Diagnose. Bei manchen Erkrankten geht sonst erst ein Jahr ins Land, bis sie sich bei uns melden. So können wir sie viel schneller unterstützen, nämlich direkt nach ihrer Diagnose», hofft Geschäftsstellenleiterin Gerig.

Und die Leiterin der Beratungsstelle sagt: «Ich finde es super, vor allem für die Angehörigen. Häufig ist die Hemmschwelle bei ihnen gross, um sich bei mir zu melden. Durch die zugehende Beratung fällt diese weg, weil ich mich ja bei ihnen melde.» Sie zeigt sich zuversichtlich, dass sich das Angebot bewähren wird:

«Ich erhoffe mir, dass ich dadurch
noch mehr Menschen
in dieser schwierigen Zeit
unterstützen und betreuen kann.»

www.alzheimer-schweiz.ch/de/ow-nw