Pflege von Angehörigen: Diese Luzernerin schafft Abhilfe

Viele Senioren sind auf die Pflege durch Familienmitglieder angewiesen. Das kann belastend sein. Hilfe leisten Betreuerinnen wie Brigitte Erni aus Emmen.

Niels Jost
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Brigitte Erni (links) betreut die 92-jährige Lisbeth Graber-Lötscher alle zwei Wochen während eines ganzen Tages. In dieser Zeit werden die Angehörigen von Lisbeth Graber entlastet. (Bild: Pius Amrein, Luzern 11. Oktober 2019)

Brigitte Erni (links) betreut die 92-jährige Lisbeth Graber-Lötscher alle zwei Wochen während eines ganzen Tages. In dieser Zeit werden die Angehörigen von Lisbeth Graber entlastet. (Bild: Pius Amrein, Luzern 11. Oktober 2019)

Nicht weniger als 170'000 Frauen und Männer betreuen und pflegen ihre Angehörigen in der Schweiz. Unentgeltlich. Und mit viel Selbstverständlichkeit. Ohne dieses Engagement müssten etliche Seniorinnen und Senioren schon früher die vertrauten vier Wände verlassen und ins Altersheim gehen.

Und doch scheint dieser schwere Schritt früher oder später unumgänglich zu sein. So auch für Lisbeth Graber-Lötscher. Vor vier Jahren trat sie in ein Alters- und Pflegeheim in der Stadt Luzern ein. Nach nur sechs Wochen aber merkte sie: «Das ist nichts für mich», wie die heute 92-Jährige erzählt. Doch viele Optionen hatte die verwitwete Luzernerin nicht; schliesslich musste sie schon damals rund um die Uhr betreut werden. Alleine konnten das ihre Angehörigen nicht stemmen, selbst mit Organisationen wie der Spitex nicht.

Angehörige und Spitex zugleich entlastet

Abhilfe verschafft seither der Entlastungsdienst des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) des Kantons Luzern (siehe Kasten am Schluss). Rund fünf Mal alle zwei Wochen kümmert sich ein Betreuer oder eine Betreuerin des SRK für einen ganzen Tag um Lisbeth Graber. Damit entlasten sie die Angehörigen und die Spitex zugleich.

Eine dieser Betreuerinnen ist Brigitte Erni aus Emmenbrücke. Sie ist im Stundenlohn beim SRK angestellt und hilft Lisbeth Graber beim Aufstehen oder beim Toilettengang, kocht für sie, singt mir ihr und macht sogar leichte Turnübungen mit der betagten Dame. «Wir sind ein eingespieltes Team», sagt die 69-Jährige, die selber siebenfache Grossmutter ist, und fügt ein liebevolles «gell Lisbeth» an. Die 92-Jährige nickt und sagt mit wachen Augen: «Es ist eine grosse Freude, wenn Leute wie Brigitte zu mir schauen und auch daran interessiert sind, zu helfen.»

Seit 20 Jahren engagiert: «Wer pflegt, macht es von Herzen»

Das Interesse. Dieses trage Brigitte Erni einfach in sich, erzählt die frühere Textilverkäuferin. «Ich hatte immer schon Freude an älteren Menschen. Das spüren die Senioren und geben einem diese Freude wieder zurück», sagt Erni und fügt an: «Wer pflegt, macht es von Herzen.»

Mit dieser Einstellung wirkt Brigitte Erni schon seit 20 Jahren beim Entlastungsdienst des SRK. Damit ist die rüstige Frau seit der Gründung des Dienstes dabei. Belastende Momente mit Kunden habe sie in all den Jahren nur wenige erlebt, erzählt sie. «Das Älterwerden gehört halt dazu.» Ob sie sich denn vorstellen kann, selber mal Hilfe in Anspruch zu nehmen? Daran denkt die 69-Jährige derzeit nicht. «Ich lebe in der Gegenwart und geniesse Begegnungen wie diese mit Lisbeth Graber.»

National anerkannte Ausbildung nötig

Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) des Kantons Luzern bietet seit 1999 den Entlastungsdienst an. Dieser richtet sich zum einen an ältere, chronisch kranke oder behinderte Menschen, die zu Hause betreut oder gepflegt werden müssen. Zum anderen werden auch die Betreuer von Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen mit Beeinträchtigungen entlastet.

Insgesamt arbeiten beim Entlastungsdienst des SRK Luzern aktuell 70 Betreuerinnen und Betreuer. Diese müssen vor ihrem Ersteinsatz den national anerkannten und kostenpflichtigen Lehrgang Pflegehelfer SRK absolvieren.

Kostenpflichtig ist auch der Entlastungsdienst des SRK. Ein Halbtag pro Woche beläuft sich etwa auf 60 Franken. Sozialtarife werden gewährt. Da die Kosten damit nicht gedeckt sind, greift das SRK auf Spenden zurück.

Hinweis: Am 30. Oktober ist der nationale Tag der pflegenden und betreuenden Angehörigen.