Immer noch kein Wettbewerb für MiGel-Produkte

Seit 20 Jahren kämpfen Politikerinnen für mehr Wettbewerb bei Produkten der Mittel- und Gegenständeliste. Bisher ohne Erfolg.

, 19. März 2024 um 13:33
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Alt Nationalrätin Ruth Humbel in der Herbstsession 2022. | Screenshot: parlament.ch
«Es ist unglaublich, wie viel Zeit all die involvierten Parteien mit MiGeL aufwenden. Im Vergleich zu deren Bedeutung ist das völlig unverhältnismässig»: So sagte es Patrick Imhof vom Spitex Verband Schweiz vor gut zwei Jahren. Auch auf Medinside war das Thema damals ein Dauerbrenner, aber inzwischen ist es um die Mittel- und Gegenständeliste ruhig geworden.
Alles paletti also? Kaum. Denn am letzten Tag der zurückliegenden Frühjahrssession stimmte der Nationalrat einer Fristverlängerung für die parlamentarische Initiative «Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste» zu.
Mit dieser Initiative, welche die frühere CVP-Nationalrätin Ruth Humbel anno 2016 eingereicht hatte, soll das Krankenversicherungsgesetz dahingehend geändert werden, dass die Preise für Produkte der MiGel-Liste nicht mehr vom Bund festgelegt werden. Sondern sie sollen zwischen den Tarifpartnern und den Einkaufsorganisationen ausgehandelt werden.

Höchstvergütungen

Wie Ruth Humbel im Gespräch mit Medinside erklärt, stört sie sich vor allem an den Höchstvergütungsbeiträgen, die der Bund jeweils festlegt. Die seien zum Teil massiv überhöht.
Wenn mit einem Anbieter ein tieferer Preis ausgehandelt werden kann, darf sein Konkurrent, der keinen Vertrag abschliessen will, seine Produkte zum Höchstvergütungsbetrag verrechnen.
«Die Anbieter haben daher kaum ein Interesse, mit den Versicherern Verträge mit tieferen Preisen abzuschliessen, weil die Versicherer die Migel-Produkte aller Abgabestellen ohnehin bis zum Höchstbetrag entschädigen müssen», so Ruth Humbel. Diese Preisfestsetzung führe zu einem überhöhten Kostenniveau und verunmögliche den Wettbewerb unter den Anbietern.

Motion von 2005

Wie die ehemalige Nationalrätin zudem erklärt, hat sie bereits 2005, also vor bald zwanzig Jahren, eine Motion mit diesem Ansinnen eingereicht. Sie tat dies in Absprache mit dem damaligen Preisüberwacher Rudolf Strahm. Beide Räte stimmten der Motion zu. Passiert ist nichts, weshalb dann Ruth Humbel den Weg über eine parlamentarische Initiative suchte.
Doch dieser Weg ist beschwerlich. Es ist bereits die dritte Fristverlängerung dieser Initiative. Immerhin gibts einen Vorentwurf und einen erläuternden Bericht, der im Herbst 2019 in die Vernehmlassung geschickt wurde. Darin wurden verschiedentliche Bedenken geäussert. So wird etwa gesagt, das Aushandeln von Preisen sei für die Tarifpartner mit viel Aufwand verbunden, weil es sehr viele Verträge bräuchte, um die grosse Anzahl unterschiedlicher Mittel und Gegenstände abzudecken. Darüberhinaus könnte die Versorgung gefährdet werden.

Beratung ausgesetzt

Zudem sei zu befürchten, so die Kritiker, dass die herstellenden Firmen den Aufwand von Verhandlungen scheuten und darauf verzichten würden, ihr Produkt in der Schweiz anzubieten. Im Oktober 2020 beschloss dann die Kommission, die Beratungen auszusetzen.
Neben den genannten Bedenken gibts dazu noch einen anderen Grund, nämlich eine Motion der ständerätlichen Gesundheitskommission, wonach die Tarife von Laboranalysen künftig von den Tarifpartnern ausgehandelt werden sollen.

Labortarife

Diese Motion verfolgt einen ähnlichen Ansatz. So sollen die Labortarife nicht mehr behördlich festgelegt, sondern von den Tarifpartnern ausgehandelt werden. Beide Räte stimmten der Motion zu. Die Botschaft ans Parlament soll noch im laufenden Semester ans Parlament überwiesen werden.
Damit sollen die Überlegungen, welche beim Erarbeiten der Vorlage zu den Laboranalysen gemacht wurden, genutzt werden, um eine mehrheitsfähige, praktikable Lösung im Bereich der Mittel und Gegenstände zu finden. Ebenso könnten auch die betroffenen Akteure einbezogen werden, die im Rahmen der Vernehmlassung Hinweise zur Überarbeitung des Vorentwurfs gemacht haben. Aus diesen Gründen ist die Behandlungsfrist der parlamentarischen Initiative von Ruth Humbel nun ein drittes Mal verlängert worden.
  • So bewältigt der Burgerspittel den MiGeL-Leerlauf. Der Spitaldirektor erklärt, wie der Burgerspittel den gewaltigen Bürokratismus und administrative Leerlauf der Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL) bewältigt.
  • Pauschalen in weiter Ferne - wenn überhaupt. Pflegeheimverbände sagen, die Krankenversicherer wollen keine Pauschalen für Produkte der Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL). Krankenkassen sagen: «Stimmt nicht».
  • Die mühsame Verrechnung der MiGeL-Produkte. Lange hat Bundesbern um die neue Regelung der Mittel- und Gegenständeliste (MiGel) gerungen. Seit Oktober 2021 ist sie in Kraft. Doch wirklich glücklich darüber ist niemand.

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