Die Altenpflege ist ein einträgliches Geschäft – kein Wunder, lockt sie auch Finanzinvestoren an

Die Zuger Investmentgesellschaft Capvis übernimmt von Swiss Prime Site die Tertianum-Gruppe. Sie will im Wachstumsmarkt der Alters- und Pflegeheime eine führende Rolle spielen.

Dominik Feldges
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Die Alters- und Pflegeheimgruppe Tertianum wird an die Investmentgesellschaft Capvis verkauft.

Die Alters- und Pflegeheimgruppe Tertianum wird an die Investmentgesellschaft Capvis verkauft.

Annick Ramp / NZZ

Die Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site (SPS) hat schneller als erwartet einen Käufer für ihre Tochterfirma Tertianum gefunden. Sie hatte erst vor vier Monaten, Anfang August, mitgeteilt, den führenden privaten Betreiber von Alters- und Pflegeheimen in der Schweiz veräussern zu wollen. Das Interesse sei gross gewesen, erklärte ein Unternehmenssprecher von SPS auf Anfrage der NZZ. Man habe den Käufer «in einer Art Auktion» bestimmt.

Ein Konzern mit 4700 Mitarbeitern

Wie viel der neue Eigentümer, die Baarer Investmentgesellschaft Capvis, für die Tertianum-Gruppe bezahlt, wollten die beiden Parteien am Freitag nicht bekanntgeben. Laut Schätzungen von Analytikern dürfte der Kaufpreis zwischen 500 Mio. und gut 600 Mio. Fr. betragen. Die Gesellschaft erwirtschaftet einen Umsatz von rund 500 Mio. Fr. und beschäftigt 4700 Mitarbeiter. SPS hatte 2013 Tertianum mit damals zwölf Ablegern akquiriert. Durch den Erwerb von zwei weiteren Betreibern von Alters- und Pflegeheimen sowie mithilfe eigener Projekte wurde das Portfolio auf mehr als 80 Standorte erweitert, die sich über die ganze Schweiz verteilen.

SPS erwartet, dank dem Erlös aus der Veräusserung in der Erfolgsrechnung des kommenden Jahres einen «signifikanten Gewinnbeitrag» zu verbuchen. Dies deutet darauf hin, dass die Firma mit der Veräusserung von Tertianum ein gutes Geschäft gemacht hat. Anleger zeigten sich am Freitag gleichwohl unbeeindruckt: Der Aktienkurs von SPS bewegte sich gegenüber dem Vortag kaum. Allerdings hatten die Valoren seit der Ankündigung der Verkaufsabsichten über 20% an Wert gewonnen. So war der Gewinn, den das Unternehmen mit seiner Devestition nun realisieren kann, im Kurs wohl schon eingepreist.

Der Immobilienkonzern hatte von Anfang an die Absicht verfolgt, an den Liegenschaften festzuhalten, die sich im Eigenbesitz von Tertianum befinden. Capvis ist auf diese Forderung eingegangen, womit weiterhin Mieteinnahmen von 16 bestehenden Standorten an SPS fliessen werden. Die übrigen Liegenschaften werden von verschiedenen institutionellen Investoren gehalten, zu denen unter anderem die Grossbank Credit Suisse (CS) gehört.

Auf Stufe Betriebsergebnis (Ebit) wird SPS künftig ein Beitrag von rund 30 Mio. Fr. fehlen. Allerdings ist man bei der Gruppe zuversichtlich, diese Lücke rasch durch neue Einnahmen aus anderen Immobilienprojekten, vor allem im Bürobereich, aber auch aus geplanten Gebäuden für Logistikfirmen schliessen zu können.

Öffentliche Hand dominiert

Das Management und sämtliche Mitarbeiter von Tertianum werden durch Capvis übernommen. Die auf Private-Equity-Anlagen spezialisierte Investmentfirma wollte sich am Freitag noch nicht im Detail zur Strategie äussern, die sie mit ihren neuen Beteiligungen verfolgen will. Allerdings steht für den neuen Eigentümer fest, dass in der Schweiz noch viel Raum für eine Expansion besteht. Zurzeit werden hierzulande nur 10% aller Alters- und Pflegeheime von privaten Betreibern geführt – der Rest befindet sich primär in der Obhut von Gemeinden.

Analytiker der CS bezeichneten im vergangenen Jahr in einer Studie die Alterspflege in der Schweiz als «Wachstumsbranche sondergleichen». Laut ihren Erwartungen dürfte sich bis 2040 die Anzahl der Betagten im Alter von mindestens 80 Jahren ungefähr verdoppeln – auf 870 000. Trotz verstärkter Pflege zu Hause werde dies einen Zusatzbedarf von 30 000 Betten in Pflegeheimen nach sich ziehen. Die Branchenbeobachter gehen zudem davon aus, dass die Schweiz 25 000 bis 45 000 zusätzliche Alterswohnungen benötigen wird.

All dies aus staatlichen Mitteln zu finanzieren, dürfte ein schwieriges Unterfangen werden. Bei Tertianum erwartet man denn auch, dass vermehrt private Anbieter herbeigezogen werden – teilweise, wie dies in anderen europäischen Ländern schon oft geschieht, auch in Kooperation mit der öffentlichen Hand. Der neue Eigentümer Capvis sieht zudem Geschäftsmöglichkeiten bei der Versorgung von Betagten an ihrem bestehenden Wohnort. Noch sei diesbezüglich aber «nichts spruchreif», sagte ein Sprecher der Firma.

Kandidat für einen Börsengang?

Capvis ist bekannt dafür, im Vergleich mit anderen Private-Equity-Häusern über einen vergleichsweise langen Investitionshorizont zu verfügen. So werden Beteiligungen auch mehr als die branchenüblichen fünf Jahre gehalten. Dennoch wird das Unternehmen eines Tages den Ausstieg aus Tertianum suchen. Laut dem Firmensprecher kommt dafür explizit auch ein Börsengang infrage – man habe bei Capvis mehrfach bewiesen, dass man Firmen erfolgreich in Publikumsbesitz überführen könne.