Spitex Freiamt
Angst vor Corona: Die Verunsicherung ist nach wie vor gross

Viele Senioren und Seniorinnen haben Angst sich anzustecken. Beratungsgespräche helfen.

Nathalie Wolgensinger
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Mit liebevollem Rat zur Seite stehen: Das hilft älteren Menschen in dieser Krise. (Symbolbild)

Mit liebevollem Rat zur Seite stehen: Das hilft älteren Menschen in dieser Krise. (Symbolbild)

Foto: Keystone

Die Angst, sich mit Corona anzustecken, treibt mitunter seltsame Blüten. Christine Kaspar Frei, Geschäftsleiterin der Spitex Wohlen, beobachtet seit geraumer Zeit, dass Angehörige ihre betagten Eltern aus den Altersheimen holen und wieder zu Hause betreuen. «Das ist ein relativ neues Phänomen und hat uns alle sehr erstaunt», stellt sie mit Verwunderung fest.

Vereinsamung und Depressionen

Bereits zum Alltag geworden ist für sie und ihr Team die Verunsicherung der Seniorinnen und Senioren. «Wir führen viele Beratungsgespräche am Telefon, das ist sehr zeitaufwendig. Wir sind aber davon überzeugt, dass es sich lohnt», erzählt sie. Die Nachfrage steige jeweils an, wenn der Bundesrat neue Weisungen erlasse. Es brauche jedoch meist nur ein kurzes Gespräch mit einer vertrauten Person, um Unsicherheiten aus der Welt zu schaffen. «Ganz zu Beginn der Pandemie waren die Senioren unsicher, ob sie überhaupt noch aus dem Haus dürfen», erzählt sie.

Die Geschäftsleiterin beobachtet zudem, dass sich seit Ausbruch der Coronapandemie ältere und nicht mehr mobile Klienten nur noch ungern aus dem Haus wagen. Das habe ihr Team bereits während des ersten Lockdown festgestellt und das wiederhole sich jetzt wieder. Ihre Klienten hätten aber nicht nur physisch, sondern auch ­psychisch gelitten. Einige hätten während des Lockdown ihre Wohnung nicht mehr verlassen, sich viel zu wenig bewegt und hätten deshalb innerhalb kurzer Zeit enorm abgebaut. «Wer vor dem Lockdown noch selbstständig vor das Haus konnte, dem war das nachher nicht mehr möglich», verdeutlicht sie die Auswirkungen.

Mit dieser Entwicklung ging auch die Vereinsamung und die Zunahme an depressiven Verstimmungen einher. Dass die Treffen und gemeinsamen Un-ternehmungen mit Gleichaltrigen eingeschränkt wurden, machte den Senioren zu schaffen. «Die wenigen Kontakte, die manche noch hatten, wurden durch Corona noch mehr beschnitten», verdeutlicht sie.

Es zählt nicht die Quantität, sondern die Qualität

Und so bewahrheitete sich in vielen Fällen, was Fachleute bereits vor dem Lockdown behaupteten: «Der Spitex-Kunde ist der einsamste Mensch.» Christine Kaspar Frei will das nicht unkommentiert stehen lassen, «man kann sich auch unter Menschen einsam fühlen», sagt sie. Für die Senioren gelte dasselbe, wie für den Rest der Bevölkerung auch: «Es kommt nicht auf die Quantität, sondern die Qualität der Beziehung an», verdeutlicht sie.

Enttäuscht ist sie, dass die grosse Solidarität aus breiten Teilen der Bevölkerung, die sie im Frühling erleben durfte, fast gänzlich abgeflacht ist. «Wir konnten damals einige Freiwillige engagieren, die bis heute für uns im Einsatz sind», erzählt sie. Diese Mithilfe sei wertvoll für ihr Team. Denn die Einsätze bei Corona-Erkrankten seien aufwendig und belastend.