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In der neuen Thurvita-Küche steht das Handwerk an erster Stelle – trotz modernster Geräte und mehrerer Hundert Mahlzeiten pro Tag
Ein mildwürziger Duft von Sauerkraut liegt in der Luft beim Betreten der neuen Thurvita-Küche im Alterszentrum Sonnenhof in Wil. «Wir haben 80 Kilo Kabis eingekauft und zusammen mit Bewohnerinnen gehobelt und zu Sauerkraut verarbeitet», sagt Küchenchef Philipp Wettach. «Diese Woche steht es nun zur Freude der Bewohnerinnen und Bewohner auf dem Speiseplan.» An anderer Stelle in der modernen, erst am 30. November in Betrieb genommenen und am Dienstag den Medien vorgestellten Produktionsküche kommissioniert ein Lernender die Portionen für den Mahlzeitendienst: Fleisch, Gemüse und eine Stärkebeilage.
«Wir verwenden eine spezielle PET-Schale, an der man sich im Gegensatz zu Porzellan die Hände nicht verbrennen kann und die erst noch eine bessere CO2-Bilanz als Porzellan aufweist», sagt Andreas Bucher, Leiter Hotellerie und Geschäftsleitungsmitglied der Thurvita AG. Jährlich werden so 20'000 Mahlzeiten für die Kunden der Thurvita-Spitex zubereitet, die zu Hause in der Mikrowelle oder im Backofen heiss gemacht (im Fachjargon: regeneriert) werden.
Etwas später liegt ein süsslicher Duft in der Luft: Ein Pâtissier bereitet gerade ein Dessert mit Blätterteig, Himbeeren und einer betörend gut riechenden Creme aus Eiern, Milch und weiteren Ingredienzen zu. Derweil kocht in der Druckgarbraisière, einer modernen Kombination aus Dampf- und normalem Kochtopf – einfach zig Mal grösser als zu Hause – Fenchel vor sich hin. Der milde Duft wird später mit wertvollem Safran veredelt – darin spiegelt sich nicht nur Kochkunst, sondern auch Leidenschaft fürs Kochen. Aromen und Düfte sind eine wahre Wissenschaft. Wer virtuos auf dieser Klaviatur zu spielen vermag, ist ein begnadeter Koch. Ein Anspruch, den man bei der Thurvita hat – in Küche und Geschäftsleitung.
«Nicht nur aus gesundheitlichen Gründen ist eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung im Alter wichtig», sagen Philipp Wettach und Andreas Bucher.
«Sie trägt auch viel zum persönlichen Wohlbefinden und zur Lebensfreude bei.»
Deshalb setzt Thurvita grossen Wert darauf, nicht nur im Bereich Pflege und Betreuung, sondern auch kulinarisch ein überzeugendes Angebot vorzuweisen. Das bedeutet in erster Linie frische, qualitativ hochwertige Produkte und schonende Zubereitung. «Wir bereiten möglichst alles frisch und selber zu, selbst Suppen, Saucen und Fonds werden frisch angesetzt», sagt Küchenchef Philipp Wettach mit Stolz. Auch die Pâtisserie ist hausgemacht.
In der Vergangenheit wurde das zur Thurvita gehörende Wiler Pflegeheim Fürstenau aus der Küche der Spitalregion Fürstenland Toggenburg (SRFT) mit Mahlzeiten beliefert. Per Ende 2019 kündigte die Thurvita AG diesen Vertrag und bedient die Fürstenau seither aus der Sonnmatt-Küche. Drei Gründe führten laut Andreas Bucher zur Kündigung: die Verlagerung der Spitalküche von Wil nach Wattwil, ein damit einhergehender «signifikanter Preisanstieg» und die unterschiedlichen Ansprüche von Spitalpatienten und Heimbewohnern. «Ein Patient verlässt das Spital in der Regel nach vier bis fünf Tagen – wohingegen die stationären Bewohnerinnen und Bewohner im Pflegezentrum ihren Lebensabend bei uns verbringen», sagt Bucher. Dies und das Alter haben grossen Einfluss auf die Menüplanung. (hs)
Gekocht wird viel in der modernst eingerichteten Thurvita-Küche: Täglich etwa für 100 Personen im Sonnenhof, 80 Personen in der Fürstenau und 60 Kunden des Spitex-Mahlzeitendiensts. Ausserdem werden zwei schulische Mittagstische in Wilen mit Mahlzeiten bedient, ebenso eine Stiftung. Und natürlich das öffentliche Tagesrestaurant «Chez Grand Maman» im Sonnenhof, wo nebst dem Tagesmenü auch Speisen à la carte bestellt werden können. Ferner läuft ein Pilotversuch mit einem Unternehmen, das an Bahnhöfen frisch zubereitete Thurvita-Suppen verkauft. Die Thurvita nimmt auch Catering-Aufträge an.
Kaum zu glauben ist, dass der angenehm erleuchtete Küchenraum vor einem Jahr noch zwei riesige Heizöltanks von je 150'000 Litern Fassungsvermögen beherbergte und nach einer Bauzeit von zehn Monaten und Investitionen von 4,8 Millionen Franken zu einer kulinarischen Oase mutierte. Die Küche wurde so konzipiert, dass sie bei der strategischen Entwicklung von Thurvita mithalten kann und um weitere Geräte und Arbeitsplätze (heute 16) erweitert werden kann. Das wird der Fall sein, wenn die Projekte «Kompetenzzentrum Demenz Rossrüti»und «Quartierzentrum Bronschhofen» realisiert sind. Eines aber soll bleiben: Das Kochen mit Liebe. Oder wie es die verstorbene Kochbuchautorin Elfie Casty im Titel eines ihrer Bücher ausdrückte: «Mit einer Prise Leidenschaft.»