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Luzern

Überlastete Psychiatrien, ausgebuchte Psychologen: Seetaler Projekt leistet Abhilfe

Corona beutelt die psychische Gesundheit – auch im Kanton Luzern. Während viele Fachkräfte Patientinnen und Patienten abweisen müssen, hat sich im Seetal mit dem Projekt Kompass ein kostenloses Nischenangebot etabliert.
Bei den Gesprächen merke man oft, dass man mit seinen Gefühlen nicht alleine ist. (Bild: Pius Amrein (Aesch, 12. März 2021))

Pascal Studer

Überlastete Psychiatrien, lange Wartezeiten bei Psychologinnen und mehr Anrufe bei Sorgentelefonen: Corona nagt an der psychischen Gesundheit – auch bei der Luzerner Bevölkerung. Die hiesigen Fachpersonen müssen regelmässig Patientinnen und Patienten abweisen, die Luzerner Psychiatrie (Lups) ist stark ausgelastet.

Besonders die Situation im Lups hat in der Politik Bewegung ausgelöst. So fordern etwa die Kantonsrätinnen Pia Engler (SP, Kriens) und Claudia Huser (GLP, Luzern) in einem Postulat eine weitere Stellenaufstockung bei der Lups (siehe Box).

Projekt Kompass: Jugendliche helfen Jugendlichen

Die Erkenntnis, dass die Pandemie zu Überforderung führt, und gleichzeitig der Zugang zu professioneller Hilfe erschwert ist, kann Betroffene hart treffen. Umso wichtiger sind alternative Angebote. Eines davon gibt es im Luzerner Seetal. Dort hat vor fast zwei Jahren der Psychologe Samuel Felder das Projekt Kompass ins Leben gerufen. Die Gründung hatte ursprünglich das Ziel, wichtige Eigenschaften junger Erwachsener wie etwa die Resilienz oder Persönlichkeit zu stärken. Felder sagt:

«Wir wollen psychologisches Wissen vermitteln, das die Teilnehmenden direkt im Leben anwenden können.»

Das Konzept: Während dreier Monate treffen sich die Teilnehmenden einmal pro Woche – derzeit per Zoom. Nach einem theoretischen Teil wird die Diskussion geöffnet. Bemerkenswert dabei ist, dass sich die teilnehmenden Personen – meist sind es rund 20 Jugendliche im Alter zwischen 17 und 29 Jahren – vorher nicht gekannt haben. Doch die Berührungsängste fallen schnell. Felder sagt: «Es ist faszinierend, wie sich innert kurzer Zeit eine fruchtbare Gesprächskultur etabliert.»

Das sei auch das Kernstück des Projekts: Es soll eine vertrauensvolle Atmosphäre geschaffen werden, welche es erlaubt, offen über Gefühle zu sprechen. Denn es komme durchaus vor, dass über intime Dinge – wie etwa persönliche Verluste oder Schicksalsschläge – gesprochen werde, so Felder.

Kein Ersatz für professionelle Hilfe

Das Angebot ist kostenlos. Finanzielle Unterstützung erhält das Projekt von privaten Geldgebern sowie der Luzerner Jugendstiftung. Auch von anderen Stellen hat Felder Zutun erfahren: «Als wir uns noch treffen durften, hat uns das Kloster Baldegg und die Reformierte Kirche Hochdorf schöne Seminarräume kostenlos zur Verfügung gestellt. Das haben wir unglaublich geschätzt.»

Für Felder ist es wichtig, dass das Angebot nicht als Ersatz für eine professionelle psychologische Beratung verstanden wird. «Dies können wir nicht für uns beanspruchen», betont er. Als Psychologe weiss er jedoch, dass es bereits helfen kann, über Probleme zu sprechen. Er sagt: «Die Hälfte einer guten Therapie ist Vertrauen. Dann kann man nämlich ohne Scham aussprechen, was einen beschäftigt – und merkt, dass man mit seinen Gefühlen nicht alleine ist.»

Mehr Infos unter www.projekt-kompass.ch

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