Wasseramt
Der Mahlzeitendienst der Spitex hat eine sehr hohe Nachfrage

Die Spitex Wasseramt musste wegen des Corona-Lockdowns bereits eine vierte Tour für den Mahlzeitendienst organisieren. Viel mehr liegt aber nicht mehr drin. In die Bresche springen teilweise die Gemeinden.

Rahel Meier
Drucken
Michael Summermatter liefert zurzeit Mahlzeiten für die Spitex Wasseramt aus. Hier lädt er die Essen beim "Kontiki" in Subingen für seine Tour ins Auto.
6 Bilder
Schutzmaske aufsetzen und Hände desinfizieren gehört zu Coronazeiten dazu.
Danach wird das Essen an seinen Bestimmungsort gebracht.
Danach wird das Essen an seinen Bestimmungsort gebracht.
Mahlzeitendienst Spitex Wasseramt
Danach wird das Essen an seinen Bestimmungsort gebracht.

Michael Summermatter liefert zurzeit Mahlzeiten für die Spitex Wasseramt aus. Hier lädt er die Essen beim "Kontiki" in Subingen für seine Tour ins Auto.

Hanspeter Bärtschi

Viele Mahlzeitendienste kommen zurzeit an ihre Grenzen. Die meisten müssen ihre Fahrerinnen und Fahrer ersetzen, weil dies häufig Pensionierte waren, die nun zur Risikogruppe gehören und das Haus nicht mehr verlassen sollten. So ist es auch bei der Spitex Wasseramt. Geschäftsführerin Beatrice Jenni muss acht der zehn Chauffeure ersetzen. «Das musste von einem Tag auf den anderen organisiert werden», erklärt sie. Sie versuche nun Personen einzusetzen, die zurzeit arbeitslos sind.

Coiffeusen beispielsweise. Aber auch einen Fahrer aus dem Kontiki, der zurzeit kaum mehr Behindertentransporte durchführen muss. Gleichzeitig musste eine vierte Tour ausgearbeitet werden. «Statt wie bisher 60 liefern wir zurzeit 80 Mahlzeiten aus.» Viele Senioren, die sich bisher am Mittagstisch in einem Altersheim verpflegen konnten oder in einem Restaurant gegessen haben, hätten sich nun beim Mahlzeitendienst gemeldet.

Mahlzeitenboxen sind ausverkauft

Alle diese Schwierigkeiten würden sich lösen lassen, so Jenni. Das grösste Problem, das sich stelle, sei die Tatsache, dass in Europa keine Mahlzeitenboxen mehr erhältlich seien. «Das heisst konkret, dass wir zum Teil das Geschirr nach dem Mittag gleich wieder einsammeln müssen, damit es am Abend erneut verwendet werden kann.» Die Spitex Wasseramt bezieht ihr Essen vom Altersheim am Bach in Gerlafingen und aus dem Kontiki in Subingen. Letzteres hilft zurzeit mit den zusätzlichen Mahlzeiten aus. «Aber die Küchen kommen mit den zusätzlichen Essen irgendwann an ihre Grenzen.»

Das Durchschnittsalter der Klienten der Spitex Wasseramt liege bei rund 80 Jahren, meint Beatrice Jenni auf Anfrage. «99 Prozent von ihnen gehören in der momentanen Situation zur Risikogruppe.» Die Bedürfnisse der Klienten seien unterschiedlich. Das gehe von der einfachen Grundpflege, dem Abgeben von Medikamenten bis hin zu hochkomplexen Verbandswechseln. Seit der Coronavirus in der Schweiz angekommen ist und vor allem, seit der Lockdown Tatsache sei, habe der Zeitaufwand pro Klient für die Spitex zugenommen. Viele seien verunsichert. «Wir müssen sie darum nicht nur pflegen, sondern sie auch aufklären und ihnen Sicherheit geben. Zudem haben wir natürlich verstärkte Hygienevorschriften, die wir einhalten müssen.»

Laut Beatrice Jenni gab es durchaus auch Fälle, in denen die Spitex Angehörige bremsen musste und sie bat, den persönlichen Kontakt einzuschränken und lieber zu telefonieren, als zu Besuch zu kommen. Viele dieser Verwandten hätten kleinere Hilfsleistungen für die Senioren erbracht und die Einkäufe erledigt. «Wir hatten aber auch Klienten, denen wir deutlich machen mussten, dass es nun angezeigt wäre, wenn sie selbst auch zu Hause bleiben würden.»

Kein Problem habe die Spitex Wasseramt mit Desinfektionsmitteln. «Ende Februar hatten wir einen Engpass. Dieser ist nun behoben, wir haben eine kleine Firma im Thal gefunden, die für uns liefert.» Schwieriger könnte es mit den Schutzmasken werden. Hier verändere sich die Situation fast stündlich und auch die Vorgaben seien verschärft worden. «Mit den neusten Vorgaben reicht unser Vorrat noch für knapp zwei Wochen», so Jenni. Man hoffe darum sehr, dass der vom Kantonalverband versprochene Nachschub auch tatsächlich komme (siehe auch Box).

Alle ziehen gemeinsam an einem Strick

In den letzten drei Wochen hat Beatrice Jenni praktisch nur wegen des Coronavirus gearbeitet und vieles organisiert. «Ich bin viel mehr am Telefon als sonst.» Die Personalsituation bei der Spitex Wasseramt sei sehr gut. «Ich habe ein ganz tolles Team. Viele Mitarbeitende haben ihre Pensen befristet erhöht und alle ziehen gemeinsam an einem Strick.» Ehemänner würden mit Unterstützung ihres Arbeitgebers ebenfalls mithelfen und sich freiwillig ins Homeoffice begeben, damit die Spitexmitarbeiterinnen problemlos zur ausserhäuslichen Arbeit gehen können. «Trotz der ausserordentlichen Situation und der Belastung erleben wir zurzeit auch viel Schönes.»

Dazu gehöre auch, dass man innerhalb des Teams über seine Ängste rede. «Auch wir haben Respekt vor dem Coronavirus und den gesundheitlichen Folgen. Wir sind ja auch nur Menschen», meint Beatrice Jenni. Eines sei aber für das ganze Personal klar: «Wir tun alles, um unsere Klienten in der jetzigen Situation weiterhin optimal zu betreuen.»

Auch die Spitex Kanton Solothurn bereitet sich vor

Hardy Jäggi ist Präsident der Spitex Wasseramt und Vizepräsident der Spitex Kanton Solothurn. Er erlebt die Situation der Spitexorganisationen deshalb hautnah. «Im Wasseramt hat die Spitex zurzeit alles im Griff», erklärt er. Engpässe könnte es allerdings bald beim Mahlzeitendienst geben, wegen der stark erhöhten Nachfrage. Man suche nun gemeinsam mit den Gemeinden nach vorübergehenden Not-Lösungen. «Einige Gemeinden haben bereits funktionierende Nachbarschaftshilfe aufgebaut. Ziel ist es, in allen Gemeinden einen Hauslieferdienst aufzuziehen für alle diejenigen, die die Spitex möglicherweise nicht mehr mit Mahlzeiten beliefen kann.»

Allgemein sei die Arbeitsbelastung bei den Spitexorganisationen zurzeit sehr hoch. «Wir haben natürlich auch mehr Patienten bekommen, weil in den Spitälern aktuell Betten abgebaut wurden.» Jäggi macht aber deutlich, dass die Spitexorganisationen zurzeit all ihren Verpflichtungen problemlos nachkommen könnten. «Sie haben viel zu tun, aber sie laufen nicht am Anschlag.» Problematisch sei, dass sehr viele Klienten Angst hätten. Das belaste auch die Spitexangestellten.

Das wohl grösste Problem sei der Mangel an Schutzmasken. Die Spitex Kanton Solothurn sei dabei mehr Schutzmasken aufzutreiben und Material zwischen den verschiedenen Spitexorganisationen auszutauschen. Sollte es beim Desinfektionsmittel zu einem Engpass kommen, kann die Spitex Kanton Solothurn ebenfalls helfen. «Auch die Schutzausrüstung für den Fall, dass wir Corona-Patienten betreuen müssen, sind ein Problem.»

Die Spitex Kanton Solothurn habe darum ein Konzept beim Kanton eingegeben. Es funktioniere wie eine Ampel. Im Moment stehe alles auf grün. Würde die Ampel auf orange wechseln, dann seien alle Spitexorganisationen aufgefordert, einander über alle Grenzen hinweg auszuhelfen. Sollte die Ampel auf rot zu stehen kommen, dann käme ein Spezialregime zum Einsatz. «In diesem Fall schlagen wir vor, dass im Kanton vier spezielle Standorte eingerichtet werden, in denen die Corona-Patienten von den anderen separiert und durch separate Spitex-Teams betreut würden», so Jäggi. Die Standorte würden vom Zivilschutz aufgebaut und betrieben. Alle Spitex-Organisationen müssten Pflegerinnen in diese Standorte entsenden, dafür würden die Organisationen vor Ort von diesen Fällen entlastet.